Washington/Karlsruhe - Der Zigarettenriese Philip Morris ist wegen Täuschung über die Gefahren von Light-Zigaretten zu einer Schadenersatzzahlung von 10,1 Mrd. Dollar (9,6 Mrd. Euro) verurteilt worden. Richter Nicholas Byron in Edwardsville im US-Bundesstaat Illinois warf dem Konzern vor, er habe sogar gewusst, dass die "Leichten" gesundheitsschädlicher sind als die normalen Zigaretten.

Byron verurteilte den Konzern zu 7,1 Mrd. Dollar Schadensersatz und drei Mrd. Dollar Strafe. Während Philip Morris Revision ankündigte, reagierten die Anwälte, denen 1,8 Mrd. Dollar an Gebühren zugesprochen wurden, erfreut. "Ich bin begeistert, dass Raucher leichter Zigaretten nun auf dieses Urteil verweisen können, wenn sie krank werden", so Anwalt Stephen Tillery. Die Sammelklage war im Namen von 1,1 Millionen Rauchern gegen das Unternehmen eingereicht worden, das noch mit weiteren Klagen konfrontiert ist. Ähnliche Verfahren laufen gegen R. J. Reynolds sowie Brown and Williamson. Philip Morris war bereits in Florida zu 74 Mrd. Dollar verurteilt worden und hat dagegen Berufung eingelegt. Eine weitere Strafe von 28 Mrd. Dollar wurde später auf 28 Mio. Dollar verringert.

Nun schwappt die Klagewelle nach Europa über, in Deutschland rückt die erste Schadenersatzklage gegen einen Zigarettenhersteller näher. Der Bundesgerichtshof hat eine Rechtsschutzversicherung dazu verurteilt, den Prozess eines Rauchers gegen den Tabakkonzern Reemtsma zu finanzieren. Die Mecklenburgische Rechtsschutzversicherung könne sich nicht darauf berufen, dass die Sucht schon vor Abschluss des Versicherungsvertrages bestanden hat, befanden die Richter.

Der Mann, der seit 1975 täglich 40 Zigaretten raucht, hatte 1983 eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen und 1993 einen Herzinfarkt erlitten, den er auf seine Sucht zurückführte. Er will Reemtsma verklagen, weil der Hersteller wider besseres Wissen keine Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen angebracht habe. Die Versicherung müsse den Prozess bezahlen, hieß es in dem Urteil. Das Schadensereignis sei nicht die Schädigung durch das Rauchen, sondern vielmehr die unterlassenen Warnhinweise.

Die Mecklenburgische hatte einen Versicherungsschutz mit der Begründung abgelehnt, dass der Mann schon Jahre vor Abschluss des Vertrages süchtig gewesen sei. Das Schadensereignis sei also vor dem Abschluss der Versicherung eingetreten und damit nicht gedeckt. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 24.3.2003)