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Kreisgrabenanlage in Glaubendorf im Weinviertel
Wien - In einem auf zwei Jahre anberaumten, von der NÖ-Landesregierung mit 160.000 Euro dotierten Forschungsprojekt sollen nun 40 steinzeitliche Kreisgraben-Anlagen in Niederösterreich detailliert erforscht werden. Es handelt sich dabei um die ältesten monumentalen Bauwerke Europas. Die erst Ende der 70er Jahre entdeckten Anlagen sollen in Vorbereitung auf die NÖ-Landesausstellung 2005 von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) mit Hilfe erdmagnetischer Aufnahmen untersucht werden. "Wir hoffen damit auch mehr über die Funktion dieser Bauten herauszufinden, die bisher noch nicht klar ist", erklärte Projektleiter Peter Melichar von der ZAMG am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien.
Die Anlagen
Zur Zeit sind in Österreich 47 dieser Kreisgraben-Anlagen bekannt, die mit einem Alter von rund 7.000 Jahren um 2.000 Jahre älter sind als beispielsweise das bekannte Steindenkmal Stonehenge in Südengland. 45 dieser Zeugnisse einer frühen bäuerlichen Kultur liegen in Niederösterreich, der Großteil davon im Weinviertel. Sie bestehen aus ein bis drei konzentrischen kreisförmigen Gräben mit Durchmessern zwischen 40 und 180 Metern. Die Gräben sind vier bis acht Meter breit und zwischen drei und sechs Meter tief.
Meistens weisen sie regelmäßig angelegte Unterbrechungen auf. Über diese Erdbrücken erfolgte früher offensichtlich der Zugang ins Innere der Anlage, in dem ein oder mehrere ebenfalls konzentrische Holz-Palisadenringe das Zentrum umschlossen.
Sichtbar aus der Luft
All diese Details bleiben dem Laien vom Boden aus verborgen, denn jahrtausendelange Erosion hat jede offensichtliche Spur verwischt. Erst Ende der 70er Jahre erkannten Archäologen mit Hilfe von Luftbildern auf Grund der unterschiedlichen Vegetation über den Gräben die Bauwerke. Weitere Informationen erhielten die Wissenschafter durch Grabungen an einzelnen Anlagen. Dabei traten vor allem Keramikscherben, Tonfiguren, Tierknochen und vereinzelt menschliche Skelette zu Tage. Aus diesen Funden alleine konnten die Archäologen noch keine Schlüsse über die Funktion der Anlagen ziehen.
Frage nach der Funktion offen
Die Theorien reichen deshalb von Schutzbauten vor Feinden über politische und kulturelle Versammlungszentren bis zu Kultstätten oder Sonnentempel. "Wenn man sich überlegt, mit welch primitiven Geräten damals diese Großbauten errichtet wurden, war entweder riesiger Luxus oder eine enorme Gefahr dahinter", meinte Gerhard Hasenhündl vom Verein "Im Zeichen des Kreises", der sich für die weitere Erforschung und den Schutz der Anlagen einsetzt.
"Erst mit Hilfe geophysikalisch-archäologischer Prospektionsmethoden konnten wir zerstörungsfrei flächendeckende Bilder von Kreisgraben-Anlagen gewinnen", betonte Melichar. Bei jeder künstlichen Bodenveränderung - etwa die Löcher für die Palisadenpfosten - wird das Erdmagnetfeld leicht verändert, was auch nach Jahrtausenden noch messbar ist.
Die Methode
Zur magnetischen Aufnahme des Untergrunds müssen die Forscher einen Wagen mit hochsensiblen Messgeräten über das Feld bewegen und erhalten damit quasi ein "Röntgenbild" des Bodens mit einer Auflösung von wenigen Zentimetern. Von den 45 Anlagen in NÖ wurden auf diese Weise bisher bereits sechs vollständig und zehn abschnittsweise prospektiert. Dabei zeigte sich u.a., dass rund um die Bauten größere Siedlungen gelegen sind.
Bis zur NÖ-Landesausstellung 2005 in Klein Wetzdorf am Heldenberg, bei der die Kreisgraben-Anlagen im Mittelpunkt stehen, sollen alle steinzeitlichen Anlagen NÖ auf diese Weise untersucht werden. Bei der Schau soll eine Schauanlage in Originalgröße nachgebaut und ein Besucherzentrum errichtet werden, in dem die aktuellsten Forschungsergebnisse dokumentiert werden. (APA)