Foto: Regine Hendrich, Der Standard

Arzt Rasinger sieht bei Tests "gravierende Nachteile".

Foto: Regine Hendrich, Der Standard

Wien - "Ich halte mich für einen ganz passablen Hausarzt" , sagt Erwin Rasinger: "Schließlich kommt die halbe Regierung zu mir." Ein Glück nur, dass der 57-Jährige seine Karriere schon vor Jahrzehnten gestartet hat. "Denn heute" , sagt Rasinger, "hätte ich keine Chance, jemals Arzt zu werden" .

Schuld, meint der Gesundheitssprecher und Nationalratsabgeordnete der ÖVP, seien die Aufnahmetests fürs Medizinstudium. Hunderte Anwärter bleiben dabei Jahr für Jahr auf der Strecke, darunter stets überproportional viele Frauen. Diese Schieflage zeigt sich auch beim aktuellen Ergebnis aus Innsbruck: Frauen ergatterten lediglich 43,8 Prozent der Studienplätze, obwohl sie 55,2 Prozent der Kandidaten stellten.

Halbe-halbe an den Unis

Rasinger glaubt nicht, dass die gescheiterten Bewerberinnen per se schlechtere Voraussetzungen für den Arztberuf mitbrächten. Er fordert deshalb eine gesetzliche 50-Prozent-Quote an den Medizin-Universitäten: "Die Hälfte der Studienplätze soll an Frauen vergeben werden."

Die Tests zeigten, wer eher Chancen habe, das Studium in Mindestzeit zu beenden, argumentiert Rasinger: "Aber sie sagen nichts darüber aus, ob jemand einmal ein guter Arzt wird." Empathie und "Herzenswärme" hält er für seinen Beruf für wichtiger als mathematische Formeln - aber derartige Eigenschaften könne ein Test nicht abprüfen. Oder: "Ein Mediziner muss kombinieren und Diagnosen vermitteln können und nicht 3000 Seiten auswendig lernen."

Aus Interesse hat sich der Allgemein- und Sportmediziner ins Lernheft zum Test vertieft. Seine Conclusio: "Ich wäre durchgefallen." Schwierigkeiten hätte ihm etwa sein schlechtes räumliches Vorstellungsvermögen gemacht, das bei der Prüfung abgetestet wird. "Das braucht man als Chirurg, der mit der Knopflochkamera operiert, aber beispielsweise nicht als Hausarzt oder Psychiater." Es sei unfair, Zugangshürden nach solch einseitigen Kriterien aufzubauen, meint Rasinger: "Welche Richtung ein angehender Arzt einschlägt, entscheidet sich dann eh während des Studiums."

Quote auch für Minderheiten

Weil die Tests für bestimmte Gruppen offenbar "gravierende Nachteile" brächten, würde der ÖVP-Politiker nicht nur Frauen fördern. Rasinger wünscht sich à la USA auch eine Extraquote für Minderheiten und Menschen mit Behinderungen, die bei den Auswahlverfahren sonst nie eine Chance hätten. Und Universitäten sollten sich ein bestimmtes Kontingent aus dem Kreis von Bewerbern gezielt aussuchen können: "Wenn ein junger Mensch etwa ein Jahr beim Roten Kreuz gearbeitet hat, ist das auch eine Qualifikation."

Rasinger will seine Idee Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) schmackhaft machen. Einspruch könnten allerdings Juristen erheben. Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer meint, dass eine derartige Frauenquote das Diskriminierungsverbot verletze, weil es besser qualifizierte Männer benachteilige: Bevorzugt könnten Frauen nur bei gleicher Qualifikation werden. Rasinger sagt: "Lassen wir's drauf ankommen!"(Gerald John/DER STANDARD-Printausgabe, 13.8.2009)