Beirut - Zum dritten Jahrestag der Beendigung des israelisch-libanesischen 34-Tage-Krieges hat die schiitische Hisbollah am Freitag ihre Macht demonstriert und Bedingungen für ihren Eintritt in die geplante Regierung der nationalen Einheit gestellt. Nachdem der libanesische Staatspräsident General Michel Sleimane am Donnerstagabend zugeben musste, dass der langwierige Regierungsbildungsprozess gegenwärtig blockiert ist, beschuldigte die Schiitenorganisation am Freitag das pro-westliche Mehrheitsbündnis "Kräfte des 14. März" des designierten Ministerpräsidenten Saad Hariri, für das Stocken der Parteienverhandlungen verantwortlich zu sein. Das Hariri-Lager widersetzt sich den Forderungen der mit der Hisbollah verbündeten Freien Patriotischen Bewegung des christlichen Ex-Generals Michel Aoun nach mehreren Schlüsselministerien.

Das Mehrheitsbündnis, das noch durch das vorübergehende Ausscheren des Drusenführers und Chefs der Sozialistischen Fortschrittspartei (PSP), Walid Joumblatt, geschwächt ist, hatte der Hisbollah zuvor vorgeworfen, sich "hinter Aoun zu verstecken", um die Regierungsverhandlungen zu sabotieren. Am Freitag wurde in Beirut mit Spannung eine Rede des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah erwartet. Mit Großkundgebungen und Massendemonstrationen feiert die "Partei Gottes" den "Sieg" im Krieg gegen Israel im Sommer 2006. Die Hisbollah ging aus dem von ihr provozierten Konflikt mit mehr als 1200 libanesischen und 160 israelischen Toten politisch gestärkt hervor. Nach Einschätzung des israelischen Militärgeheimdienstes sind die Kapazitäten der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz inzwischen wesentlich größer als vor der israelischen Offensive.

Präsident Sleimane sagte laut "L'Orient-Le Jour" nach einer Unterredung mit Hariri am Donnerstag, das Land brauche gerade aus wirtschaftlichen Gründen rasch eine stabile und handlungsfähige Regierung, der es gelinge, ausländische Investitionen anzuziehen. Das letzte verbliebene Hindernis sei die Portefeuille-Verteilung. Die Parteien müssten ihre egoistischen Ansprüche zurückstellen, forderte das libanesische Staatsoberhaupt.

Die bei den Parlamentswahlen im Juni siegreichen "Kräfte des 14. März" waren 2005 aus der "Zedernrevolution" hervorgegangen, die durch die Ermordung von Hariris Vaters, dem sunnitischen Milliardär und Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri, ausgelöst wurde und zum Ende der syrischen Militärpräsenz im Libanon nach fast drei Jahrzehnten führte. Hariri hat den Auftrag, eine Konsensregierung zu bilden. Die Parteien haben sich bereits auf eine Formel für die Zusammensetzung des Kabinetts geeinigt. Demnach sollen 15 Minister von der "14.-März"-Koalition, zehn von der Hisbollah-geführten "8.-März"-Allianz und fünf von Präsident Sleimane, der als neutral gilt, nominiert werden. (APA)