Mailand - Einen Rekordumsatz von 200 Milliarden Euro peilt das organisierte Verbrechen in Italien für heuer an. Nach geschätzten 170 Mrd. Euro Geschäftsvolumen im Vorjahr zählt die Mafia zweifellos zu den wenigen Gewinnern der Krise. "Die Mafia macht in der Krise Supergeschäfte", bestätigt Anti-Mafia-Staatsanwalt Piero Grasso. Die organisierten Verbrechen profitierten nicht nur vom Geschäft mit Wucherzinsen, sondern auch vom Fußball, der bei der Geldwäscherei eine wichtige Rolle spielt.

Staatsanwalt Grasso hat kürzlich vor einer Unterwanderung der Fußballvereine durch die organisierte Kriminalität gewarnt. In einem Interview mit La Gazzetta dello Sport sagte er, die Mafia nutze die Fußballklubs in Italien vor allem zur Geldwäsche. Zum Dorado für das Mafia-Geld gehören mittlerweile auch Sportwetten. Hier gäbe es zahlreiche verschiedene Arten von Manipulationen.

Im Vorjahr erzielten die verschiedenen Verbrecherorganisationen Cosa Nostra, 'Ndrangheta und Camorra mit Wucherzinsen rund 35 Mrd. Euro Umsatz, schätzt die Mailänder Wirtschaftszeitung Il Sole-24 Ore. Damit avancierte das Kreditgeschäft zu einer der lukrativsten Aktivitäten der Mafia.

Die Wirtschaftslage und der Kreditengpass geben dem Geschäft mit überteuerten Krediten neue Impulse, bestätigt auch Zentralbankchef Mario Draghi. "Unsere Unternehmen sind in Gefahr", warnte er vor kurzem. Er befürchtet, dass zahlreiche Kleinunternehmen in die Fänge der Mafia geraten sind.

Das Risiko, von der Mafia übernommen zu werden, sei derzeit "dramatisch", sagt auch Ivano Lo Bello, Präsident des Industrieverbandes Confindustria in Sizilien. Die Regierung müsse höchste Wachsamkeit an den Tag legen, damit die Unternehmen nicht Opfer der organisierten Kriminalität würden und die Krise fatale Folgen für die Wirtschaft entwickle. Laut den Wirtschaftsforschern von Eurispes machen kleine Handelsunternehmen rund 48 Prozent der Opfer von Wucherern aus, das produzierende Kleingewerbe stellt weitere 25 Prozent. "Notleidende finden in der Mafia eine willige Bank", betont Staatsanwalt Grasso. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, Printausgabe, 17.8.2009)