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Manchen Menschen mit Zahnarztphobie helfen Bachblüten, sagen einzelne Beobachtungsstudien

Foto: APA/Nelsons GmbH

Sie finden sich in vielen Aktenkoffern und in zahlreichen Schultaschen - die Notfalltropfen. Die erhoffte Bestimmung der Bachblüten in Form von kleinen weißen Globuli oder Tropfen ist es, Menschen in typischen Stresssituationen wie Prüfungen oder Vorträgen die Angst zu nehmen. Die Notfalltropfen, auch Rescue Remedy genannt, sind nur eine von insgesamt 38 Blütentinkturen, aber wohl die bekannteste. Nachgesagt wird den Essenzen viel, bewiesen werden konnte eine Wirkung aber noch nie.

Die Entdeckung der Bachblüten

Die Blüten gehören weder zur Phytotherapie noch werden dafür übliche bekannte Heilpflanzen verwendet. Der englische Arzt Edward Bach beschäftigte sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert mit der Homöopathie und entwickelte schließlich die Bachblüten. Es handelt sich dabei also nicht um Blüten, die an Bächen wachsen. Die dahinter steckende Ansicht: Die Essenzen sollen nicht auf körperliche oder psychische Beschwerden direkt wirken, sondern den negativen emotionalen Zustand, mit dem sie laut Bach in Verbindung sind, lösen und wieder ein inneres Gleichgewicht herstellen. Es handelt sich um verdünnte Urtinkturen in einem Trägermedium aus Wasser und Alkohol oder Glycerin. Ehemalige Alkoholiker müssen daher aufpassen, welches Trägermedium zum Einsatz kommt.

Nicht besser als Placebos

Am Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie der Donau-Universität Krems haben Forscher nun in einem Review die wenigen bestehenden wissenschaftlichen Untersuchungen zu Bachblüten gesammelt und neu ausgewertet. Das Ergebnis: Die Studie konnte die therapeutische Wirkung von Bachblüten widerlegen. Die Wissenschafter konnten zeigen, dass Bachblüten zwar eine Verbesserung von psychischen Problemen bewirken können, allerdings nicht mehr als das auch Placebos tun würden. Untersucht werden konnten nur Studien zu Prüfungsangst und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung). Zur Wirkung bei Schmerzen fanden Studienautorin Kylie Thaler und ihr Team keine kontrollierten Studien.

Wirkt es nicht, hilft es auch nicht, ist also in dem Fall auch wieder nicht ganz richtig. "Bachblüten wirken zwar nicht besser als ein Placebo, das bedeutet aber nicht, dass sie völlig nutzlos sind", merkte der Kremser Departmentleiter Gerald Gartlehner im Rahmen der Veröffentlichung der Studie im Juni an. Denn in psychischen Belastungssituationen sprächen viele Menschen sehr gut auf ein Placebo an.

"Man muss sich aber im Klaren sein, dass man kein Medikament vor sich hat", schränkt Thaler ein, "würden Bachblüten eine Zulassung brauchen, hätten sie keine Chance." Die Werbung dürfe keinesfalls suggerieren, dass die Wirkung der Bachblüten wissenschaftlich gestützt sei. Die Sache mit der Placebowirkung selbst ist auch sehr differenziert zu betrachten. "Studien zeigen, dass es auch unter den Placebos verschiedene Wirkungen geben kann", weiß Thaler. So könne es laut Studien schon einen Unterschied machen, ob sich jemand Tropfen aus der Apotheke holt oder zu einem Therapeuten geht.

Geringer Anreiz für Studien

Tatsächlich gibt es auch nur ganz wenige placebo-kontrollierte Studien zu den Bachblüten. Die Gründe dafür hängen vermutlich auch mit der Einordnung der Bachblüten als Produkt zusammen: Laut der Österreichischen Apothekerkammer gibt es keinen Nachweis zur Wirksamkeit der Bachblüten-Präparate, weshalb sie auch nicht als Arzneimittel am Markt zugelassen sind. Habe eine Substanz keine Zulassung, sei auch der Anreiz zu Studien nicht hoch, vermutet die Studienautorin. Außerdem spreche auch das Konzept der Bachblütenhersteller gegen placebo-kontrollierte Studien, weil sie die Beziehung zum Patienten störten. "Im Unterschied zu homöopathischen Mitteln, die teilweise eine Arzneimittelzulassung haben, befinden sich Bachblüten also in einer Art Grauzone", erklärt Angela Kaminski vom Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie.

Immer wieder gibt es Berichte über Beobachtungsstudien zu verschiedenen Anwendungsgebieten, bei denen der Zustand einzelner Personen dokumentiert wird. So wurden schon Verbesserungen bei Zahnarztangstpatienten berichtet und manche Zahnärzte bieten Bachblüten auch für Angstpatienten an. Diese einfachen Studien sprechen deshalb häufig für die positive Wirkung der Bachblüten, weil sich der Zustand der Menschen bessert. "Man kann aber nie nachweisen, warum es dem Menschen besser geht, das kann noch viele andere Gründe außer der Wirkung der Bachblüten haben", erklärt Thaler.

Gesund, egal wie?

Anders betrachtet, der Patient freut sich, wenn es ihm besser geht, ob mit oder ohne Placebo. Doch stimmt im Falle der Bachblüten der Leitsatz "Nützt es nichts, schadet es auch nichts"? Ernste Nebenwirkungen durch Bachblüten konnten die Studien zwar nicht nachweisen, doch Thaler sieht noch eine andere Gefahr: "Prüfungsangst kann eine echte Störung sein. Sagt man das sei kein echtes Problem und daher ist es mit einem Placebo getan, ist das meiner Meinung nach falsch. Man darf die Wichtigkeit psychischer Krankheiten nicht herunterspielen." Und nehme jemand ausschließlich Bachblüten um Krebs zu behandeln, sei das sehr wohl ein großer Schaden. (Marietta Türk, derStandard.at, 20.8.2009)