Der Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates im Wortlaut:
Der Nationale Sicherheitsrat der Republik Österreich hält daran fest, dass es zur Legitimation einer militärischen Aktion gegen den Irak eines Beschlusses des Weltsicherheitsrates bedurft hätte, und bedauert, dass es ohne Ermächtigung des Weltsicherheitsrates zu einer militärischen Aktion gegen den Irak gekommen ist und dass eine friedliche Entwaffnung des Iraks damit nicht möglich war.
Der Nationale Sicherheitsrat bedauert, dass wichtige Mitgliedstaaten der Europäischen Union in einer so grundlegenden Frage im Weltsicherheitsrat keinen gemeinsamen Standpunkt gefunden haben und begrüßt, dass der Europäische Rat vom 20./21. März in Brüssel wenigstens für die Zukunft gemeinsame Schlussfolgerungen erreicht hat (siehe Anhang), die der Nationale Sicherheitsrat vollinhaltlich unterstützt.
Der Nationale Sicherheitsrat hat daher in seiner Sitzung am 24. März 2003 beschlossen:
- Der Nationale Sicherheitsrat (im Folgenden kurz Rat) empfiehlt der Bundesregierung, nachdrücklich für eine einheitliche Haltung der Europäischen Union einzutreten, die auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel (20./21. März 2003) aufbaut.
- Der Rat bekräftigt seine Empfehlung an die Bundesregierung, dass sich das neutrale Österreich an keinerlei militärischen Operationen gegen den Irak beteiligt und auch keine Überflugsrechte einräumt.
- Der Rat empfiehlt der Bundesregierung, dabei insbesondere der
Wiederherstellung der vollen Autorität der Vereinten Nationen
besondere Priorität zu geben. Die Vereinten Nationen sollten in die
Lage versetzt werden, so bald wie möglich nach Ende der
Kampfhandlungen die volle Verantwortung für den Aufbau demokratischer
Strukturen und rechtsstaatlicher Institutionen, den Schutz der
ethnischen und religiösen Minderheiten unter Wahrung der
territorialen Integrität des Irak, die Organisation und Koordination
humanitärer Hilfe, den politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau
und die Sicherung der Einkünfte aus der Erdölförderung für das
irakische Volk zu übernehmen.
In diesem Sinne empfiehlt der Rat der Bundesregierung, im Rahmen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen alles zu unternehmen, um den Kurden im Nordirak zumindest das bisherige Maß an Autonomie zu garantieren. Dazu ist die türkische Regierung aufgefordert, jedes militärische Eindringen auf irakisches Staatsgebiet zu unterlassen.
- Angesichts der wachsenden Spannung in den arabischen Ländern sowie zwischen den arabischen Ländern und der westlichen Welt, die mit großer Sorge beobachtet wird, empfiehlt der Rat der Bundesregierung, alle Maßnahmen, die im Rahmen der Europäischen Union oder der Vereinten Nationen gesetzt werden, um den Dialog mit der arabischen Welt zu intensivieren, mit Nachdruck zu unterstützen. In diesem Zusammenhang empfiehlt der Rat der Bundesregierung auch, mit besonderer Intensität an Bemühungen zur Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern mitzuwirken und dabei zu unterstreichen, dass nicht nur UNO-Resolutionen zum Thema Irak, sondern auch UNO-Resolutionen zur Lösung des Nahostkonfliktes Beachtung finden müssen, damit nicht der Eindruck entsteht, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.
- Hinsichtlich der auf nationaler Ebene zu treffenden Maßnahmen
empfiehlt der Rat der Bundesregierung, dem Schutz gefährdeter
Personen und Objekte weiterhin besondere Aufmerksamkeit zu widmen,
weiterhin alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Wahrung der
Souveränität und der Verpflichtungen aus dem Neutralitätsgesetz
einzusetzen und irakischen Flüchtlingen, die im Gefolge der
Kampfhandlungen nach Österreich kommen, "vorübergehenden Schutz" im
Sinne der Richtlinie der Europäischen Union zu gewähren und auf eine
gerechte Lastenverteilung betreffend die Flüchtlingsbetreuung
innerhalb der Europäischen Union zu drängen.
Der Rat teilt die Hoffnung vieler Menschen auf ein baldiges Ende des Krieges.
- Hinsichtlich dieses Beschlusses wird die Vertraulichkeit der Beratungen des Rates gemäß §7 (1) des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Nationalen Sicherheitsrates und Änderung des Wehrgesetzes 1990 (BGBl. I Nr.122/2001 vom 16. November 2001) aufgehoben.