"Ich erwarte, dass die Kriegsgefangenen menschlich behandelt werden, ebenso wie wir die Gefangenen, die wir festgenommen haben, menschlich behandeln. Wenn nicht, werden jene, die die Gefangenen misshandeln, als Kriegsverbrecher behandelt werden." Dies war US-Präsident George W. Bushs grimmige Botschaft an die Iraker.

Ein sichtlich aus seiner stoischen Ruhe gebrachter Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärte, die Bilder seien ein Verstoß gegen die Genfer Konvention, und forderte die US-Fernsehgesellschaften auf, Filme und Fotos von Kriegsgefangenen nicht auszustrahlen. Es sei illegal, die Gefangenen öffentlich zu demütigen. Generalleutnant John Abizaid vom US-Zentralkommando ging davon aus, dass die Moral der alliierten Truppen intakt sei ("Wir sind ein ziemlich hartes Volk"), fand das Zeigen dieser Bilder jedoch "widerwärtig".

Die ersten Bilder von getöteten, verletzten oder gefangenen Soldaten waren zunächst vom irakischen TV und später vom Sender Al-Jazeera ausgestrahlt worden. Bei den Gefangenen handelt es sich um vier Männer und eine Frau, denen bei der Befragung durch irakische Militärs die Angst ins Gesicht geschrieben war.

Bereits Sonntagvormittag hatte CBS einen kleinen Auszug des Videos gebracht. Nach Rumsfelds Appell sahen jedoch alle TV-Sender zunächst von einer Ausstrahlung der Bilder ab - einige der Kabelsender zeigten später Teile des Videos. CNN-Kommentatorin Paula Zahn erklärte, es sei ihr beim Ansehen des Filmes schlecht geworden.

Es ist nicht verwunderlich, dass in der Bush-Regierung leichte Panik ausbrach. Als die Amerikaner im Jahr 1993 während des Somalia-Konflikts Bilder von toten US-Soldaten sahen, die durch die Straßen von Mogadischu geschleift wurden, drehte sich die öffentliche Meinung um 180 Grad, was zum späteren Abzug von US-Truppen aus Somalia führte. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.3.2003)