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GM-Chef Fritz Henderson spielt auf Zeit.

Foto: Reuters/Lucas-Jackson

Der dank Insolvenz entschuldete und mit Staatshilfen aufgepäppelte US-Autobauer sieht immer weniger Gründe, das Europageschäft aus der Hand zu geben. Das verschlechtert die Chancen des Magna-Konsortiums.

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Wien - Das Zaudern von General Motors im Opel-Verkaufsprozess mag Berlin verärgern, in Detroit gibt es ziemlich gute Gründe für die Hinhaltetaktik. Durch Insolvenz entschuldet und 50 Milliarden Dollar Staatshilfe gestärkt haben sich für den einst weltgrößten Autobauer die Vorzeichen für die Zukunft des Europageschäfts ziemlich geändert. Der Ausstieg aus Opel erscheint immer weniger dringlich.

Dank guter Technologie, erstarkter Modellpolitik und attraktiver Zukunftsmärkte - insbesondere was Russland anbelangt - wird die deutsche Tochter in Detroit zusehends als potenzielle Perle denn als Klotz am Bein gesehen. Weshalb neben dem Verkauf an das kanadisch-russische Konsortium, bestehend aus Magna und Sberbank oder den Finanzinvestor Ripplewood (er tritt mit seiner belgischen Tochter RHJ International an), auch der Behalt von Opel ernsthaft in Erwägung gezogen wird.

Mit der Rückzahlung der bisher gewährten deutschen Staatshilfen könnte General Motors das Europageschäft aus der Treuhandgesellschaft herauslösen, in die Opel zwecks Verkauf übertragen wurde, ist aus gut informierten Kreisen zu hören.

Als Kompromisslösung gilt ein Verkauf an Ripplewood:Der Investor wird in der Branche als Marionette von GMbetrachtet und würde für Detroit "die Drecksarbeit erledigen" , wie ein Automanager glaubt. Nach vollbrachtem Werk gilt eine Rückgabe von Opel an General Motors als ausgemachte Sache. Beim Magna-Einstieg bliebe GM dagegen nur die Minderheit an Opel, neben Einflussmöglichkeiten müsste Detroit auch einen späteren Rückkauf abschreiben.

Angela Merkel sieht genau in dieser Abnabelung großen Charme. Zu schön wäre es, im Wahlkampf die Wiedererlangung der Selbstständigkeit nach 80-jährigem US-Kommando in Rüsselsheim zu feiern. Das ist auch der wahre Grund für die Ablehnung des Bieters RHJI:Die Eigenständigkeit von Opel wäre unter der Führung der GM-Strohmänner nicht verkaufbar.

Weshalb Berlin ganz auf Scheckbuchpolitik setzt. Die 4,5 Milliarden an Bürgschaften will Deutschland nur bei Einstieg der Magna-Truppe lockermachen. Ein ziemlicher heikler Standpunkt, unterscheiden sich die Konzepte von Frank Stronach und Ripplewood doch nicht allzu stark. Auch europapolitisch ist die Strategie schwer erklärbar - hängt von der Berliner Linie doch das Schicksal der Opel-Standorte auch in Polen, Belgien, Großbritannien, Spanien und Österreich ab. Erste Querschüsse kamen bereits aus London. Merkel sollte sie nicht unterschätzen, müssen die Hilfen doch von Brüssel genehmigt werden.

Letztlich ist die Entscheidung eine politische Frage: GMsteht nach Abschluss der Insolvenz mehrheitlich in staatlichem Besitz. Nun muss Merkel beweisen, wie gut die Kontakte ins Weiße Haus wirklich sind. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.8.2009)