Tokio - Sie wollen Ihren 40 Jahre alten Porsche elektrisch fahren? Oder einen tuckernden Käfer zum surrenden Elektroauto umrüsten? Der japanische Elektroautopionier Hiroshi Shimizu verspricht, diese Träume bald Wirklichkeit werden zu lassen. Mit dem ehemaligen Sony-Chef Nobuyuki Idei als Berater und japanischen Unternehmern als Investoren hat der Professor der Keio Universität die Entwicklungsfirma "SIM-Drive" (von Shimizu In-Wheel-Motor) gegründet. Bis 2013 soll sie einem neuen Typ preiswerter Elektroautos global zum Durchbruch verhelfen.

Anders als die etablierten Autohersteller will Shimizu sein E-Auto mit einem direkt im Rad eingebauten Radnabenmotor ausstatten.Damit verspricht er die Reichweite heutiger E-Auto-Akkus auf 300 Kilometer verdoppeln zu können. Gemeinsam mit interessierten Unternehmen will Shimizu in den kommenden vier Jahren eine flexible Plattform entwickeln, die sowohl die Massenproduktion von E-Autos als auch die Umrüstung von normalen Kraftwagen ermöglicht.

Radnabenmotoren gelten unter Autobauern als das elektromobile Nonplusultra, weil sie ein radikal neues Autodesign ermöglichen. So werden Motorblock, Getriebe, Achsen und Lenkgestänge überflüssig. Passagiere gewinnen Platz, Räder können einfacher unabhängig von einander gelenkt und ihre Umdrehung und Drehrichtung einzeln gesteuert werden. Dadurch könnten E-Autos auf der Stelle wenden. Gleichzeitig lässt sich der Lenkeinschlag theoretisch auf 90 Grad vergrößern. Einparken würde durch Seitenfahrt zum Kinderspiel.

Allerdings scheuen die Autohersteller die Technik noch. Denn Radnabenmotoren gelten bisher als zu schwer, komplex und anfällig. Mitsubishi hat sein erstes E-Auto "i Miev" daher im Juli anders als ursprünglich geplant ohne Radnabenmotor ausgeliefert. Stattdessen wurde der Benzin- durch einen Elektromotor ersetzt.

Shimizu hingegen hält seine Lösung für nahezu marktreif. "Autohersteller haben einfach zu wenig Erfahrung, ich haben dagegen 30 Jahre mit Radnabenmotoren gearbeitet" , sagt er. An der Keio Universität hat er bereits mehrere Prototypen entwickelt, die in Japan die Straßenzulassung erhalten haben. Der bisherige Höhepunkt war 2005 das achträdrige "Eliica" , das eine Spitzengeschwindigkeit von 370 Kilometern pro Stunde erreicht. "Kein Testfahrer hat sich je über die Motoren beschwert" , sagt Shimizu.

Um ihren Traum so schnell wie möglich zu verwirklichen, haben die Gründer das Konzept der Open-Source-Software kopiert, die den Browser Firefox erfolgreich gemacht hat. Gegen einen nicht sehr hohen Mitgliedsbeitrag sollen Entwicklungspartner die notwendige Technik erhalten. (Martin Koelling, Tokio, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.8.2009)