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Die neuen Lampen verbrauchen 80 Prozent weniger Energie als die alten - genau besehen stimmt das so nicht ganz.

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Das war es also: Die gute alte Glühbirne ist Geschichte. Ob die neuen Energiesparlampen halten, was die Industrie verspricht, ist eine andere Frage. Ein kritisches, gar nicht sentimentales Nachwort. 

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Nächste Woche gibt es sie nicht mehr: Glühlampen ab 100 Watt und alle matten Glühbirnen dürfen nicht mehr erzeugt, bestellt und importiert werden. Der Einzelhandel darf noch seine Lagerbestände verkaufen, dann ist Schluss. Die Zöllner an den EU-Außengrenzen sind angewiesen, Glühlampen, die bei Reisenden gefunden werden, zu beschlagnahmen.

Aus diesem Anlass noch einige Informationen zu Glüh- und Sparlampe:

Der Anteil von Privathaushalten am Gesamtstromverbrauch beträgt 20 Prozent, davon werden elf Prozent für die Beleuchtung verwendet. Vom Gesamtstromverbrauch werden also 2,2 Prozent für die Beleuchtung von Privathaushalten verwendet.

Wenn die Sparlampenlobby das Einsparungspotenzial durch Sparlampen mit 80 Prozent annimmt, ergibt sich eine Einsparung von 1,76 Prozent des Gesamtstromverbrauchs.

Hochkomplexe Geräte

Zum Vergleich: Durch den krisenbedingten Produktionsrückgang in der Industrie ist der Strombedarf seit Anfang letzten Jahres um acht Prozent gesunken. Und: Das Einsparungspotenzial von 80 Prozent stimmt so auch nicht: Sparlampen sind kleine, aber hochkomplexe elektronische Geräte: Sie beziehen elektrische Energie nicht nur über die Phase, sondern auch über den Nullleiter, das ist der sogenannte Leistungsfaktor. Der liegt im Schnitt bei 0,5, das bedeutet, dass noch einmal genauso viel Leistung wie über die Phase über den Nullleiter verbraucht wird - eine glatte Halbierung der Einsparung.

Gemessen und verrechnet wird nur der Strom, der über die Phase fließt - die Energie, die über den Nullleiter kommt, muss aber ebenfalls erzeugt werden. Vattenfall, einer der größten europäischen Stromerzeuger, hat vorsorglich angekündigt, dass der Strompreis erhöht wird, falls der Effekt des Leistungsfaktors der Sparlampen in der Stromerzeugung spürbar wird.

Und so haben wir dann alle schöne, teure Sparlampen daheim, die Einsparung von vier bis fünf Euro im Monat bei der Stromrechnung schmilzt dahin, weil der Strom schon wieder teurer wird ...

Vier Promille CO2-Einsparung

Wir wissen, dass wir CO2 einsparen müssen, um den Klimawandel halbwegs in den Griff zu kriegen. Ab 2012 sollen so durch das Verbot der Glühlampen 15 Millionen Tonnen CO2 in der EU eingespart werden - vier Promille der gesamten europäischen CO2-Emission.

Global gesehen irrelevant, wenn man bedenkt, dass allein China jährlich 5000 Millionen Tonnen CO2 in die Luft bläst, mit einer Steigerungsrate von mehr als zehn Prozent jährlich.

Unterm Strich bedeutet die europäische Einsparung von vier Promille eine Verzögerung der Zunahme der globalen CO2--Emission um gerade einmal eine Woche.

Hoher Preis fürs Gewissen

Das Quecksilber hoch giftig ist und das Sparlampen bis zu fünf Milligramm Quecksilber enthalten, ist bekannt. Trotzdem landet noch immer ein großer Teil der ausgebrannten Lampen im Hausmüll - unsere Enkel werden sich bedanken.

Der größte Teil der in Europa verkauften Sparlampen wird in China hergestellt, einem Land, das nicht gerade für drakonische Umweltvorschriften und Arbeitsschutzrecht bekannt ist. Trotzdem ordnete die Stadtverwaltung von Foshan Tests in der Nanhai-Feiyang-Lampenfabrik an. 68 der 72 untersuchten Arbeiterinnen waren so mit Quecksilber vergiftet, dass sie ins Spital mussten.

Durch die erhöhte Produktion von Sparlampen nimmt auch der Abbau von Quecksilber großen Aufschwung: Wegen der starken Nachfrage werden in der Provinz Guizhou Minen wiedereröffnet, die erst vor einigen Jahren stillgelegt wurden, weil die Flüsse tot, die Felder vergiftet und die Menschen krank waren. Ein hoher Preis für ein reines Umweltgewissen.

Keine Zwischentöne

Ist Licht gleich Licht? Kann man das kontinuierliche Spektrum einer Glühlampe mit dem diskontinuierlichen einer Sparlampe überhaupt vergleichen? Im Licht der Glühlampen sind alle Farben enthalten, Sparlampen mischen typischerweise drei Frequenzen zu einem Licht, das weiß erscheint - die Zwischentöne fehlen.

Die besten warmweißen Sparlampen haben einen Farbwiedergabe-Index von 85, alle Glühlampen den größtmöglichen Index von 100. Der Farbwiedergabe-Index beschreibt die Qualität der Farbwiedergabe von Licht, wie stark sich die wahrgenommene Farbe eines Objekts bei der Beleuchtung mit verschiedenen Lampen ändert. Zu behaupten, dass kein Unterschied zwischen einem Index von 85 und von 100 wahrnehmbar sei, ist ungefähr so intelligent wie eine demokratische Abstimmung darüber, ob ein Musikinstrument verstimmt sei oder nicht.

Zum Schluss: Matte Glühlampen geben genauso viel Licht wie klare, das kann man in jedem Prospekt nachlesen. Trotzdem sind ab 1. September alle matten verboten, nicht nur die ab 100 Watt. Dass Hersteller und Handel ein kleineres Sortiment einfacher verwalten können, ist verständlich, aber dass die Brüsseler Bürokratie der Industrie bei der Sortimentsbereinigung per Gesetz unter die Arme greift, nicht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.8.2009)