Kabul - Bei der Stimmenauszählung nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan liegt Amtsinhaber Hamid Karzai weiter deutlich vor seinem Herausforderer Abdullah Abdullah. Neueste Teilergebnissen deuten aber nicht auf eine absolute Mehrheit des Präsidenten im ersten Wahlgang hin. Die Unabhängige Wahlkommission (IEC) teilte am Montag in Kabul nach Auszählung der Stimmen aus knapp der Hälfte der Wahllokale mit, Karzai komme bisher auf 45,8 Prozent, Ex-Außenminister Abdullah auf 33,2.

Die Angaben sind wegen der geringen Anzahl der ausgezählten Stimmen der Wahl vom 20. August nach wie vor nur begrenzt aussagekräftig. Zu Beginn der Auszählung hatten erste Teilergebnisse auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hingedeutet. Als wahrscheinlich gilt, dass Karzai seinen derzeitigen Vorsprung wird ausbauen können. Bisher wurden vor allem Ergebnisse aus Wahllokalen in nördlichen Provinzen veröffentlicht, in denen Abdullah starken Rückhalt hatte. Im paschtunischen Süden und Osten des Landes, wo Karzai deutlich vorne liegt, wurden deutlich weniger Stimmen ausgezählt. Sollte Karzai nicht auf eine absolute Mehrheit kommen, wäre im Oktober eine Stichwahl zwischen Erst- und Zweitplatziertem notwendig.

Ausländische Beobachter hegen die Befürchtung, dass Kandidaten aufgrund der zahlreichen festgestellten Unregelmäßigkeiten die Legitimität der Wahl in Frage stellen. Abdullah und seine Anhängerschaft werfen dem Karzai-Lager Manipulationen vor. Der Beschwerdekommission lagen nach Angaben vom Montag 2564 Eingaben wegen mutmaßlichen Betrugs seit Beginn des Wahlkampfs in Afghanistan vor, 2097 davon bezögen sich auf die Zeit seit dem Wahltag. Vor der Überprüfung der besonders schwerwiegenden Vorwürfe kann das Wahlergebnis nicht bestätigt werden.

Der Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, hat einen Strategiewechsel für den Einsatz gefordert. "Die Lage in Afghanistan ist ernst, doch ein Erfolg ist zu schaffen", erklärte McChrystal. Die Einschätzungen des Oberbefehlshabers, der seinen Posten Mitte Juni antrat, zur derzeitigen Lage waren mit Spannung erwartet worden. McChrystal legte den Bericht dem US-Regionalkommandanten für Afghanistan und den Irak, General David Petraeus, zur Stellungnahme vor. Später soll er an das Pentagon und die NATO-Führung weitergeleitet werden. (APA/AFP)