Madrid hat Schildkröten zuhauf.

Foto: STANDARD/Reiner Wandler

Die Spanier sind ein tierliebes Völkchen. Zumindest zu Weihnachten und zu Geburtstagen. Als Geschenk besonders beliebt sind Wasserschildkröten aus Florida. 500.000 Tiere werden pro Jahr importiert. Doch so manchem wird die Lust aufs Tier schnell zur Last.

Wohin mit der Schildkröte, wenn sie größer wird? Aussetzen, heißt für viele die schnelle und einfache Lösung. Die Bewohner der Hauptstadt Madrid sind dabei besonders erfinderisch. Weit über 200 Exemplare wurden im größten Bahnhof der Stadt, Atocha, ausgesetzt. Dort bevölkern sie einen kleinen Tümpel mitten in einem Palmgarten, der seit 1992 die alte Bahnhofshalle ziert, und vermehren sich fröhlich.

"Wir können die Tiere nicht zur Adoption frei geben", erklärt eine Sprecherin der Bahn. Denn ohne Papiere dürfen die geschützten Schildkröten nicht weitergegeben werden. Sie ins Freie zu verfrachten, geht auch nicht. Denn die amerikanische Spezies ist weitaus aggressiver als ihre einheimischen Artgenossen. Sie würden diese verdrängen. Bleibt nur eines: "Wir kümmern uns um die Tiere." Die Bahn hat sogar einen Tierarzt beschäftigt. Die Reisenden danken es. Der Schildkrötentümpel gehört zu den am meisten fotografierten Orten der spanischen Hauptstadt. (Reiner Wandler/DER STANDARD-Printausgabe, 1.9.2009)