Fangen wir dort an,

wohin Microsoft nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit um 400 Millionen Dollar die meiste Aufmerksamkeit für den neuen Gerätetypus Tablet-PC lenkte: bei der Handschrift. Papier und Feder werden sie ersetzen, versprach Bill Gates bei der Vorstellung. Tatsächlich kommt der Tablet-PC dieser Vorstellung in einer langen Reihe von Entwicklungen von Apples Newton über frühere Pen-PCs am nächsten: Den Stift in der Hand ist es möglich, am Bildschirm mithilfe von "Windows Journal" (einem elektronischen Notizprogramm) flüssig zu schreiben, im Wesentlichen wie mit Papier und Feder. Das heißt eben nicht ganz so flüssig wie mit der Feder auf Papier. Das Plastik der Stiftspitze auf dem LCD verhält sich naturgemäß anders als Füller, Kuli und Bleistift auf Papier; die Handschrift verschlampt noch ein wenig mehr als beim Wechsel vom Füller zum Kuli. Aber es bleiben brauchbare Notizen, die wie eine Art elektronisches Papier am PC gespeichert und auch nach handgeschriebenen Wörtern durchsucht werden können. Für jemanden, der wie der Autor dieses Tests in zehn Jahren rund 50 Journalbücher und unzählige verloren gegangene Notizblöcke füllte, ist dies vielleicht die bessere Art, Erinnerungen zu sammeln, penible Datensicherung vorausgesetzt. (Im Bild der Toshiba Portege 3500).

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Dafür hält das Versprechen

der Erkennung und Verwandlung der Handschrift in Textdateien auch nach mehrwöchigem Gebrauch der beiden Tablet-PCs in unserem Test, dem Compaq T1000 von Hewlett-Packard und dem von Toshiba Portege 3500, nicht. Die Erkennung (eine Kostprobe davon als Bild) ist zwar erstaunlich gut - die verbleibende Fehlerquote hat jedoch eine vernichtende Konsequenz: Die Korrektur der Fehler übersteigt den Nutzen der Richtigen, und das Programm lernt dabei nicht dazu. Das gilt für alle Tablet-PCs, da dies durch die Software bedingt ist.
Ein zweiter Modus der Erkennung ist besser, aber gleichfalls mit störenden Fehlern behaftet: das Eingabefeld, das mit sorgfältiger Kleinbuchstabenschrift bedient sein will. Auch hier bleiben Fehler, die etwa bei der Eingabe einer Internetadresse nicht verziehen werden. Verlässlicher ist da die alternative Bildschirmtastatur.
Trotzdem entsteht aus der Stiftbedienung, verbunden mit der Tafelform, ein persönlicherer Umgang mit dem Gerät. So verwandelt sich Internet in eine Alternative zum Magazin oder der Zeitung. Die hohe Bildschirmauflösung kann endlich mit der Qualität von Drucken konkurrieren, was neue Anwendungen ermöglich, wie Zinio für elektronische Magazine, die wie ihre gedruckten Ausgaben aussehen - samt der Möglichkeit, Notizen auf Seiten zu machen und per Mail zu versenden. Die Annotationsfunktionen sind jedoch begrenzt: Es bedarf kommender Versionen von Programmen wie Word oder Outlook, um wirklich für reibungslosen Übergang zwischen konventionellen Dateien und solchen mit handschriftlichen Anmerkungen zu ermöglichen.(Im Bild der Compaq T1000).

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Es ist in erster Linie

die sonstige Evolution der Notebooks, die den Tablet-PC interessant macht. Durch das eingebaute drahtlose Wi-Fi-Netz wird Information daheim oder im Büro mobil, und die Möglichkeit, Internet an wechselnden Orten zu verwenden, ist ein Qualitätssprung, der allerdings auch bei normalen Notebooks möglich ist.
Sowohl der Compaq T1000 als auch der Toshiba Portege sind "Convertibles", Tablet-PCs, die dank Drehmechanik sowohl Tafel als auch Notebook sein können. Das schicke Metallgehäuse des Compaq ist in eine Ledertasche integriert (was zum Schutz des außen liegenden Schirms auch nötig ist); der Schirm lässt sich nicht nur zur Tafel zusammenklappen, sondern auch abnehmen. Damit die Tafel dann noch funktioniert, ist der Rechner im Bildschirm eingebaut, was bei Verwendung als Notebook durch die Gewichtsverlagerung von der Tastatur zum stehenden Schirm ein instabiles Gefühl vermittelt.
Anders der konventioneller gestaltete Toshiba Protege, der Ecken und Kanten hat und buchstäblich nicht so rund ist wie der T1000. Dafür ist das Gerät abstrichlos als Notebook tauglich - mit 12-Zoll-Schirm, während der Compaq einen 10-Zoll-Schirm hat. Toshiba hat nicht nur Wi-Fi, sondern auch Bluetooth integriert. CD-bzw. DVD-Laufwerk werden bei beiden getrennt verkauft. Unterschiedlich die Leistungen: Der Compaq T1000 erkauft längere Akkulaufzeit (etwas mehr als dreieinhalb Stunden in unserem Test) mit dem etwas schwächeren Transmeta-Crusoe-Prozessor. Der Toshiba nimmt hingegen für die stärkere Leistung seines Pentium-III-Prozessors geringere Akkulaufzeit (knapp unter drei Stunden) in Kauf.

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Persönlichkeit

Was nach mehrwöchigem Gebrauch bleibt, ist die Neugier für eine neue Art von Notebook. Die Erwartung, damit umfangreiche Handschriftenaufzeichnungen zu ersetzen, scheint überzogen - aber es gibt vieles, wie Randnotizen oder Skizzen, das den PC-Gebrauch persönlicher macht. Ein Ersatz für ein leistungsstarkes Notebook, mit dem auch Fotografie oder Video bearbeitet werden kann, sind die Tablet-PCs (noch) nicht; aber für den "ganz normalen" persönlichen Gebrauch sind sie alltagstauglich. Und der "Wow"-Faktor ist garantiert. Tests sind subjektive Berichte der Autoren. (Helmut Spudich/ Der Standard, Printausgabe vom 25.3.2003)

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