Kritiker sehen längst die neoliberale Keule auf Österreichs Patienten niedersausen. Wird Krankheit künftig ein Armutsrisiko? Voraussichtlich ab 2004 werden sich auch ASVG-Patienten an ihren Behandlungskosten beteiligen müssen. Klingt gefährlich, denn kaum eine 80-Jährige könnte sich leisten, 20 Prozent der Kosten einer Hüftoperation zu zahlen. Daher werden Höchstgrenzen für Selbstbehalte überlegt. Die sind nämlich schon jetzt, salopp ausgedrückt, kein Dreck. Ein Krebskranker, der für Rezept-, Krankenschein-, Ambulanzgebühr, Heilbehelfe und Spitalstag aufkommen muss, zahlt weit mehr als die diskutierten 300 Euro Höchstgrenze pro Patient und Jahr. Würde man diese Grenze einführen, dafür aber Klienten im Falle einer Angina zehn Euro für den Arztbesuch abknöpfen, wäre das System sogar gerechter als vorher. Denn von der Rezeptgebühr Befreite werden weiterhin nichts zahlen.
Doch die Reform muss letztlich auch mehr Geld bringen. Keine Frage: In allen Staaten, wo Gesundheit als hohes Gut gilt, wird man - aufgrund der Demografie und neuer Behandlungsmöglichkeiten - mehr Mittel als bisher für die Krankenbehandlung brauchen. Wobei Selbstbeteiligungen keine Erfindung konservativer Politiker sind, wie man an der durchaus parallel laufenden Debatte in Deutschland sieht. Soll heißen: Jeder Einzelne, aber hoffentlich nicht jemand, der ernsthaft erkrankt ist, wird künftig mehr für die Gesundheit zahlen müssen - durch höhere Beiträge und/oder neue Selbstbehalte. Umso besser, wenn man bei der Reform gleich auch bestehende Ungerechtigkeiten im absurd uneinheitlichen heimischen Gesundheitssystem beseitigt. Beispiel gefällig? ÖBB-Bedienstete erhalten derzeit ein neues "Supergrippemittel" von ihrer Kasse gratis. Alle anderen müssen dafür 50 Euro hinblättern. So schaut’s aus. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.3.2003)