Serena Hamberg gratuliert Istogramma Sas zum Sieg im Palio am 9. August in Baden. Der Traber, den Hamberg von Alwin Schockemöhle kaufte, hat heuer 13 seiner14 Rennen gewonnen

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Schwechat - Wenn die Straße schon so heißt wie das Gut, zu dem sie führt, so lässt das einiges erwarten. In dieser Straße, sie heißt Aichhof und liegt in der Schwechater Peripherie, gibt's nur die eine Adresse, Aichhof 1a. Dazu gehören 700 Hektar Grund und ein beeindruckendes Anwesen, an das man sich gewöhnen könnte, wenn man sich an den Lärm der Flugzeuge gewöhnen kann, die drüberdonnern. Serena Hamberg nimmt den Lärm kaum wahr, er gehört zum Alltag wie das Bellen ihrer fünf Hunde. Hamberg ist Inhaberin der Kies- und Betonwerke Wünschek-Dreher, die sie verpachtet hat, sie hat Besitz in Maria Alm, in Weyer/Enns und eben in Schwechat. Dieser Tage kümmert sie sich um das Gut, der Gutsverwalter ist auf Urlaub.

Ins Haupthaus geht's durch zwei Türen, das war wohl immer schon so, macht nun aber auch insofern Sinn, als sich bei geschlossener Innentür die äußere Tür öffnen lässt, ohne dass die Hunde nach draußen abhauen können. Nicht nur das Haus, in dem Hamberg lebt, auch das Haus, aus dem sie stammt, ist ein gutes. Sie wuchs in Weyer an der Enns auf, dort führte und führt die Familie einen Forstbetrieb. Pferde gab's auch, für die Arbeit. Mit dem ersten Traber, Gandhi, fuhr die Mutter manchmal zum Einkaufen in den Ort. "Über die ärgste Schotterstraße", sagt Hamberg. "Der Vater, der mit dem Jaguar hinterherfuhr, hat sich geärgert, weil's so gestaubt hat."

Brauen und züchten

Ein Hamberg-Vorfahre, Anton Dreher aus der Bierbrauer-Dynastie, war einer der größten Rennpferdezüchter der Monarchie, 1900 und 1915 gewann er mit seinen Rössern das Österreichische Galopper Derby. Ein anderer Ahne, Eugen Dreher, siegte 1922. Serena allerdings begann Dressur zu reiten und zu springen, reiste zu kleineren Turnieren. Ein Sturz machte ihr Angst und nahm ihr die Lust, selbst weiterzureiten.

Mit der Branche und den Pferden aber blieb sie in Kontakt, zunächst in Salem am Bodensee, wo sie ins Gymnasium ging, später auch über Thomas Frühmann, den sie in Himberg kennengelernt hatte. Sie waren vor mehr als zwei Jahrzehnten weniger als zwei Jahre lang verheiratet, blieben einander aber gewogen. Hamberg sponsert Frühmann nach wie vor. Sie ist Besitzerin von The Sixth Sense, dem weltbesten Sprungpferd 2006. Dass es Frühmann immer noch zu Erfolgen trägt, ist Hamberg zu verdanken, die für "die Sense" , wie sie sagt, Angebote aus aller Welt bekam - und ausschlug. Genau beziffert sie die Angebote nicht, mit Euro-Millionenhöhe liege man nicht falsch, bestätigt sie, die auf das Geld nicht angewiesen ist. Von der "Sense" schwärmt sie, der 13-Jährige sei phänomenal. "Die Sense hat ihren Sprungstil, Thomas hat seinen Reitstil. Kein anderer Reiter käme mit der Sense zurecht. Sie braucht den Thomas auch als Vertrauensperson."

Hamberg hat sich noch von kaum einem Pferd getrennt. "Ich weiß ja dann nicht, was mit dem Pferd passiert" , sagt sie. So stehen in den Aichhof-Stallungen schon etliche "Pensionisten" , denen es nach dem Ende der Sportkarriere "einfach nur gut gehen soll" . Eines dieser Rösser wurde 35 Jahre alt, das hätte um ein Haar (oder Jahr) österreichischen Rekord bedeutet. Das Ende der Karriere kann auch früh kommen, wie das Beispiel von Limited Edition (12) zeigt, einem anderen Frühmann-Pferd, das mit einer Sehnenverletzung seit Monaten steht. "Ich bin zufrieden, wenn ein Pferd sein eigenes Futter verdient" , sagt Hamberg. "Ich sehe die Pferde nicht als Geschäft, sondern als Hobby. Wenn eines nicht seine Leistung bringt, wird es deshalb nicht abgeschoben."

Womit sie zum Thema Doping kommt, das für sie keines sei. "Ist ein Pferd krank oder verletzt, soll es behandelt werden. Und dann darf es halt nicht starten." Sie kann sich die Einstellung vielleicht eher leisten als andere. "Andere Besitzer machen vielleicht Druck, damit ein Pferd aufs Turnier geht. Ich nicht. Meine Pferde stehen, bis sie wirklich gesund sind."

Beobachten und kaufen

Eher wechselt sie, was den Trabrennsport betrifft, das zweibeinige Personal. So kam sie zu Gerhard Mayr, dem vielfachen Champion-Fahrer und -Trainer. "Ich habe ihn beobachtet, mir in Maishofen, in der Nähe meines Hauses in Maria Alm, seinen Betrieb angesehen." Mayr: "Wir haben vor zehn Jahren mit einem Pferd klein angefangen. Ich kenne wenige große Besitzer, die es so vernünftig angegangen sind." Nun stehen 13 aktive Traber in Hambergs Stall Antonshof (ebenfalls bei Schwechat).

Bei ihren Ankäufen hatte sie ein feines Gespür. "Wir besprechen jeden Schritt" , sagt Mayr. Ein cleverer Schritt war der Ankauf von Istogramma Sas, einem fünfjährigen Fuchs-Hengst aus dem Stall von Alwin Schockemöhle. Der Deutsche, Ex-Springreiter und einer der erfolgreichsten Traberzüchter Europas, wollte ihn loswerden. Hamberg schlug zu. Heuer hat Istogramma Sas 13 von 14 Rennen und 40.000 Euro gewonnen. Zum Beispiel in Mailand in der tollen Kilometerzeit von 1:11,8.

Ein "Bomber" (Turf-Jargon) kann für Hamberg der US-Amerikaner Shaman Hall werden. Der lief für den Salzburger Transportunternehmer Klaus Ringel zwei- und dreijährig in den USA, erzielte Rekord (1:11,0), verdiente 343.000 US-Dollar. Als Ringel verkleinerte, kaufte Hamberg das Pferd. Einen Probelauf in Baden absolvierte Shaman Hall kürzlich in glänzender Kilometerzeit (1:14,3). Dazu kommt der dreijährige Supermed. Hamberg will 2010 "mindestens ein Pferd im Derby haben" . So könnte sich die Dreher-Dynastie auch im Traben verewigen.

Deswegen Druck zu machen, das würde der Besitzerin aber nie in den Sinn kommen. Zum Abschied sagt Serena Hamberg: "Ein Pferd bei mir müsste man sein. Oder ein Hund." Dann schließt sie die innere Tür und macht die äußere auf. (Fritz Neumann/Nikolaus Dolenz, DER STANDARD Printausgabe, 10.9.2009)