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Die Schwarzen, die Volkspartei im EU-Parlament, wollen José Manuel Barroso wählen. Die Roten wollen ihn in der zweiten Amtszeit als EU-Kommissionspräsident nicht mehr verhindern.

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Tony Blair ist im Gespräch als Außenminister und Vize der Kommission wie ...

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... der Däne Poul Nyrup Rasmussen, ebenfalls links und Ex-Premier und ...

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... der deutsche Vizekanzler und Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

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Weniger Chancen werden Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer eingeräumt.

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Benita Ferrero-Waldner könnte in der EU-Kommission bleiben, aber ...

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... auch Ex-ÖVP-Chef Wilhelm Molterer hat nach wie vor gute Chancen.

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Die Chancen des umstrittenen Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, sind deutlich gestiegen. Die Sozialdemokraten geben ihre Blockade auf. Aus Brüssel berichtet Thomas Mayer.

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Von der in Sonntagsreden oft gepriesenen Transparenz ist in diesen Tagen in der EU-Hauptstadt nicht viel zu sehen. Auch am vergangenen Mittwoch nicht.

Im Vorfeld war dieser Tag von den Gegnern des EU-Kommissionspräsidenten zum "Schicksalstag" hochstilisiert worden. Nach wochenlangen taktischen Scharmützeln um dessen Wiederwahl sollte sich José Manuel Barroso den "feindlichen" Fraktionen von Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen stellen, am Ende den Linken. Erst dann werde man sehen, ob der "Frühstücksdirektor" (so der Grüne Daniel Cohn-Bendit) bestätigt wird oder Geschichte ist.

Christdemokraten und Nationalkonservative hatten ihn schon seit Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehört - dann umso euphorischer als Mann "der Stabilität und Kontinuität" empfohlen. Geschlossene Türen. So blieb es auch bei Europas Roten und den Gelben, den Liberalen. Nur die Grünen machten eine Ausnahme. Sie zelebrierten die Sitzung mit Barroso öffentlich, via Internet - eine lebhafte, wechselseitig harte, aber faire Debatte. Am Schluss gab es dafür sogar viel Applaus für den "charmanten" Barroso.

Aber da waren die Würfel längst gefallen: "Ich gehe davon aus, dass die Enthaltung die wahrscheinlichste Entscheidung der Fraktion ist" , erklärte der EU-Abgeordnete Hannes Swoboda zu Mittag: "Eine Mehrheit im Präsidium wird sich dafür aussprechen, die Wahl Barrosos für Mittwoch nächster Woche anzusetzen." Damit hatte er praktisch alles gesagt.

Swoboda verfügt als parlamentarischer Geschäftsführer der SPE im EU-Getriebe über extrem guten Einblick und auch Einfluss. Nun ging seine Erklärung sofort als Eil-meldung um den Kontinent, die am Abend auch vom Liberalen-Chef Guy Verhofstadt bestätigt wurde.

Denn: Die Gegner Barrosos hatten bis dahin zwei Möglichkeiten, die Wiederwahl des von den Staats- und Regierungschefs einstimmig Nominierten zu verhindern. Zunächst, indem sie den Wahlgang (wie im Juli) durch ihre Mehrheit im Parlamentspräsidium wieder verschieben. Das aber wurde nun aufgrund von "Zugeständnissen in vier, fünf inhaltlichen Fragen" , die eine sozialere Politik zulassen sollen, fallengelassen.

Mit der Stimmenthaltung vieler Sozialdemokraten (184 Mandate) bei der Abstimmung am kommenden Mittwoch (16. September) aber fällt im Plenum die Mehrheit zur Verhinderung Barrosos. Er kann mit Unterstützung der Christdemokraten (265) und der Konservativen (53), wenn auch knapp, auf eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen kommen. Ein deutscher Konservativer sagt: "Es wird mit Ächzen undStöhnen sein, aber Barroso wird Mittwoch gewählt."

Die SPE formulierte die Bedingungen, die dies begleiten: Man erwarte, dass der künftige "EU-Außenminister" , der nach dem Lissabon-Vertrag gleichzeitig Vizepräsident der Kommission ist, von den Sozialdemokraten gestellt wird - "der Ratspräsident reicht nicht als Kompensation" ; und inhaltlich, indem in Binnenmarkt und Wettbewerbspolitik, bei der Entsendungsrichtlinie, mehr soziale Handschrift sichtbar wird, so Swoboda.

Das hat Barroso zugesagt. Ein Christdemokrat: "Die Roten haben verstanden, dass der Außenbeauftragte neben dem Kommissionschef die Schlüsselrolle hat."

Tony Blair ist out

So ist in den Hauptstädten bereits das Rennen um die Top-Jobs im Gang. Bei der SPE ist einer der Favoriten der Regierungschefs, der frühere britische Premier Tony Blair, obwohl Parteifreund nicht erwünscht. Er hat viel über die EU geredet, aber wenig dafür getan. Dafür rückt Dänemarks Ex-Premier Poul Nyrup Rasmussen in den Vordergrund. Er ist Vorsitzender der Euro-Sozialdemokraten. Auch der Name Alfred Gusenbauer taucht auf, gegen ihn spricht, dass er aus einem neutralen Land kommt. Mit im Spiel auch der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier: Verliert er die Wahl am 27. September gegen Angela Merkel, könnte er ohne Gesichtsverlust "umsteigen" .

Bleibt das Ringen um Österreichs EU-Kommissar, laut Swoboda bisher "verbockt" . Die ÖVP beharrt auf den Posten. Ex-Parteichef Wilhelm Molterer hat in Europas informeller großer Koalition gute Chancen. Und: In Brüssel wird zunehmend vom Bleiben von Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner geredet. Barroso schätzt sie.  (DER STANDARD, Printausgabe, 10.9.2009)