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Irans Botschafter Ali Asgahr Soltanieh sieht für die Resolutionen des Sicherheitsrats im Atomstreit keine Basis.
Die Urananreicherung werde Teheran nicht aussetzen, sagte er zu Julia Raabe.
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STANDARD: Die USA haben sich zu Gesprächen über die iranischen Vorschläge bereiterklärt. Was erwarten Sie von den Verhandlungen?
Soltanieh: Wir erwarten Verhandlungen auf Basis gegenseitigen Respekts. Das Paket ist ein Beweis für die iranische Bereitschaft, mit der Welt in einen echten Dialog über globale Themen einzutreten. Jetzt liegt es an den anderen, diese Gelegenheit zu nutzen.
STANDARD: Über das iranische Atomprogramm verliert das Paket kein Wort. Für Ihre Gesprächspartner ist dies das zentrale Thema. Werden Sie darüber verhandeln?
Soltanieh: Ich habe den Worten meines Außenministers nichts hinzuzufügen (siehe Artikel oben). Wir sind bereit, über die Anwendung von Nuklearenergie zu verhandeln, über die Nichtweiterverbreitung und nukleare Abrüstung. Aber wenn Sie annehmen, dass wir unsere Bereitschaft zu Gesprächen verkünden, in denen wir über unsere Atomaktivitäten ausgefragt werden, dann ist das nicht der Fall.
STANDARD: Also nein?
Soltanieh: Ich denke, ich habe Ihre Frage klar beantwortet. Wenn es Anliegen im Zuständigkeitsbereich der Internationalen Atomenergiebehörde gibt, sollte es der IAEO überlassen bleiben, sich darum zu kümmern. Wir sollten die Rolle der IAEO nicht schwächen.
STANDARD: Laut dem jüngsten IAEO-Bericht arbeitet der Iran immer noch nicht voll mit der Behörde zusammen. Wenn die IAEO ein so wichtiger Partner ist - warum nicht?
Soltanieh: In jedem Bericht des Generaldirektors muss man zwischen unseren rechtlichen Verpflichtungen und politischen Fragen unterscheiden. Er hat immer gesagt, dass es keine Hinweise dafür gibt, dass nukleares Material für verbotene Zwecke abgezweigt worden ist.
STANDARD: Trotzdem kann die IAEO bis heute nicht sicher sagen, ob Ihr Atomprogramm friedlich ist.
Soltanieh: Nein, der Bericht sagt, dass noch nicht festgestellt werden kann, dass es keine nichtdeklarierten Atomaktivitäten gibt, solange der Iran das Zusatzprotokoll (das stärkere Kontrollen ermöglicht) nicht anwendet. Der Satz gilt für hundert weitere Länder der IAEO.
STANDARD: Der Bericht spricht auch von verbleibenden Fragen, aufgrund derer die Behörde nicht ausschließen kann, dass Ihr Programm eine militärische Dimension hat.
Soltanieh: Wegen politischer Vorwürfe. Wir haben das Zusatzprotokoll freiwillig angewandt, bis die EU-3 und die USA die Sache nach New York geschickt haben. Hätten wir etwas zu verbergen gehabt, hätten wir es nicht angewandt.
STANDARD: Wenn Sie nichts zu verbergen haben - warum legen Sie dann nicht alles offen?
Soltanieh: Wir betreiben alle Nuklearaktivitäten im Rahmen der IAEO-Sicherungsmaßnahmen. Das Zusatzprotokoll ist ein neues Instrument, das freiwillig ist. Sagen Sie, dass die anderen hundert Länder etwas vor der Behörde verstecken?
STANDARD: Die werden nicht verdächtigt, ein verstecktes Atomprogramm betrieben zu haben.
Soltanieh: Wir haben nur zu spät über Aktivitäten Bericht erstattet.
STANDARD: In Ihrem Paket geht es viel um internationale Kooperation, die Resolutionen des Sicherheitsrats missachten Sie, vor allem die Forderung nach Aussetzung der Urananreicherung.
Soltanieh: Die Überweisung an den Sicherheitsrat und seine Resolutionen haben keine rechtliche Grundlage. Deshalb können und werden wir sie nicht umsetzen.
STANDARD: Die Resolutionen des Sicherheitsrats sind rechtlich bindend.
Soltanieh: Nach dem (IAEO-)Statut kann eine Sache nur an den Sicherheitsrat überwiesen werden, wenn der Generaldirektor an den Gouverneursrat berichtet, dass ein Land gegen die Sicherungsmaßnahmen verstoßen hat. Oder die Behörde feststellt, dass Material für nukleare Zwecke abgezweigt worden ist oder Inspektoren nicht ins Land gelassen werden. Das alles trifft auf den Iran nicht zu.
STANDARD: Das ändert nicht, dass die Resolutionen verpflichtend sind.
Soltanieh: Eine Resolution, die auf einer Überweisung beruht, die keine Grundlage hat, kann nicht umgesetzt werden. Sollte die Urananreicherung gestoppt werden? Nein, das verstößt gegen internationales Recht. Wir werden weder die Anreicherungsaktivitäten noch die Kooperation mit der IAEO aussetzen. Wichtig ist, dass jetzt ein Paket auf dem Tisch liegt, das alle Fragen einschließt. Über etwas aus der Vergangenheit zu sprechen, das als Vorbedingung gesehen wird (Urananreicherung aussetzen, Anm.), beschädigt nur das neue Kapitel, das wir aufgeschlagen haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.9.2009)