Apple hat dem farbenfrohen iPod Nano ein größeres Display, eine Kamera und neue Funktionen spendiert.

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Schlankes Design, großes Display und prächtige Farben heben den iPod Nano unter den MP3-Playern hervor. Doch bei der rückseitig integrierten Kamera, die sich auf der gleichen Höhe mit dem Click Wheel auf der Vorderseite befindet, haben Apples Designer gepatzt.  

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Hält man den Nano so, dass man das Click Wheel einhändig bedienen kann, verdeckt man die Kamera auf der Rückseite - es sei denn man beweist die Fingerfertigkeiten des Handmodels auf Apples Produktfotos.

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Videoqualität und Spezialeffekte (im Bild "Cyborg") können sich zwar sehen lassen, doch andere Einstellungsmöglichkeiten fehlen. Bei der Kamera muss Apple noch kräftig nachbessern.

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Der integrierte FM Radio Tuner ist eine sinnvolle Erweiterung der Musik-Features des iPods

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Der Schrittzähler ist eine praktische Erweiterung der iPod-Extras, wirklich zur Geltung kommen die Fitness-Features aber erst mit dem separat erhältlichen Nike+-Sportkit.

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Obwohl der iPod Touch das Flaggschiff von Apples iPod-Reihe ist, hat das Unternehmen dem iPod Nano vergangene Woche das umfangreichste Upgrade spendiert. Neue Hardware- und Software-Extras sollen den buntesten Player aus Cupertino aufwerten. Wichtigste Neuerung ist die integrierte Kamera, die eigentlich auch beim Touch erwartet wurde. Skeptiker stellen sich die Frage: "Wozu noch ein Gerät mit  Kamera?" Sofern das Kunststück der Integration gelingt, beantwortet sich die Frage von selbst. Beim iPod Nano bleibt sie leider - vorerst - offen.

Passable Videos

Die Kamera nimmt Videos mit 30 Bildern pro Sekunde in H.264 mit 640 x 480 Pixel Auflösung auf - optimal YouTube-Qualität. Ein zusätzliches Mikrophon benötigen Hobby-Filmer nicht, das sitzt ebenso wie das Objektiv an der Rückseite des Players. Dank des Mikrophons kann der Nano so auch gleich als Diktiergerät genutzt werden. Die Qualität der Videos kann sich durchaus sehen lassen: bei ordentlichen Lichtverhältnissen liefert der applesche Camcorder passable, erstaunlich verwacklungsfreie Clips. 

Spezialeffekte aber kaum Einstellungsmöglichkeiten

Mit 15 Spezialeffekten von Sepia bis "Cyborg" lassen sich die Videos in Echtzeit - also während der Aufnahme - aufpeppen. Umständlich: um die Effekt-Abteilung zu finden, muss man erstmal einen Blick in die Anleitung werfen - bei aktivem Camcorder muss dazu der mittlere iPod-Button länger gedrückt werden. Die Effekte sind nett, andere Einstellungsmöglichkeiten hätten dem Camcorder aber besser zu Gesicht gestanden. So fehlen grundlegende Funktionen wie Zoom oder das Ändern der Aufnahmequalität. Schade ist auch, dass man keine Fotos aufnehmen kann, obwohl der iPod über einen eigenen Foto-Ordner verfügt, in dem nur extra hochgeladene Bilder gehortet werden. Apple hat es ganz offensichtlich auf das YouTube-Publikum und weniger auf Flickr- oder TwitPic-User abgesehen. 

Wie kommt das Video auf den Rechner?

Etwas mühsam wird es beim Export der Filmchen. Der funktioniert nämlich nicht wie man vielleicht erwarten würde über iTunes, sondern über iPhoto am Mac. Am PC soll es mit anderer "Fotosoftware" funktionieren, so Apple. Welche Programme damit gemeint sind, lässt Apple offen. Windows Movie Maker - keine Foto- dafür eine Videosoftware - beispielsweise erkennt den iPod gleich gar nicht als Videoaufnahmegerät. Der Import in zusätzliche Software ist allerdings nicht nötig. Indem man die Verwendung des iPods als Festplatte aktiviert, können die Clips manuell vom Laufwerk kopiert werden.

Unhandlich

Einen dicken Minuspunkt gibt es für die Platzierung der Kamera. Hält man den iPod so, damit man das Click Wheel einhändig bedienen kann, verdeckt man die Kamera auf der Rückseite mit den Fingern. So wie der Player auf Apples Produktfotos gehalten wird, flutscht er aus den Fingern bevor man sich überhaupt zur Videofunktion durchgeklickt hat. Und bei dem schlanken und abgerundeten Gehäuse ist es schwierig das Gerät an den Kanten mit beiden Händen zu halten. Leider ist auch die Bedienung über das Click Wheel nicht sehr benutzerfreundlich. Die Kamera kann vorerst in Punkto Handling nicht am anvisierten Konkurrenz-Markt der Billig-Camcorder auftrumpfen.

FM Radio mit Live Pause

Eine zweite Neuerung ist der integrierte FM-Radio-Tuner, der freilich keine bahnbrechende Innovation aber ein bislang doch vermisstes Features bei den iPods ist. Eine kluge Funktion ist die Live-Pause. So kann man Radiosendungen anhalten und später an derselben Stelle fortsetzen. In einer Timeline kann man zudem bis zu 15 Minuten vor- und zurückspulen, letzteres natürlich nur bis zu Zeitpunkt, an dem die Live Pause aktiviert wurde. Die zwischengespeicherte Radioaufzeichnung kann in Minutenschritten an jeder beliebigen Stelle angehört werden.

Weitere Radio-Funktionen

Ansonsten verfügt das Radio über gängige Features: die Lieblingssender können mit einem Knopfdruck gespeichert werden. Einen automatischen Sendesuchlauf gibt es nicht, so muss man sich teilweise etwas in Geduld üben, bis man seine Lieblingssender auf der einem analogen Radio nachempfundenen Anzeige findet. Dieses Manko wird aber durch den ausgezeichneten Empfang wieder ausgeglichen. Der Name der Radiostation sowie Sendung oder Lied werden automatisch eingeblendet, sofern die Radiostation dies unterstützt. Eine interessante Funktion wäre iTunes Tagging, mit dem Songs markiert und später im iTunes Store gesucht werden können. Dieses Feature steht vorerst allerdings nur in den USA bei bestimmten Sendern zur Verfügung.

Blecherne iPod-Stimme

Wie beim im April eingeführten Modell des iPod Shuffle hat Apple nun auch dem Nano eine eigene Stimme verliehen. Mit Voice Over werden Titel und Interpret des Liedes, das man gerade hört, angesagt. Die Funktion kann allerdings nicht einfach über die Einstellungen des Players eingeschaltet werden, sondern muss über iTunes aktiviert und mit dem Player synchronisiert werden. Während der Wiedergabe eines Songs muss man dazu einmal auf die mittlere iPod-Taste drücken und die Musik wird automatisch leiser, während eine etwas blecherne Stimme vorsagt, was man gerade hört. Voice Over funktioniert mit 20 Sprachen.

Fitness-Funktionen

Ein neues Feature, das Lauffreunde freuen dürfte, ist das Pedometer. Der integrierte Beschleunigungssensor, der auch bei einigen Spielen zum Einsatz kommt, zählt jeden Schritt des Besitzers mit. Wahlweise kann man das Pedometer nur für einen bestimmten Zeitraum einschalten oder immer aktiv lassen, um jeden Schritt mitzuzählen. Auf Wunsch kann ein tägliches Schrittpensum definiert werden, das man erreichen möchte. In einem Kalender werden die gezählten Schritte für jeden Tag ausgewiesen. Ein kleiner Laufschuh neben dem Batteriestatus zeigt an, dass das Pedometer eingeschaltet ist. Der Schrittzähler funktioniert gut und zeigt gleichzeitig die verbrauchten Kalorien an. Wirklich Sinn machen die Fitness-Funktionen aber nur, wenn man den Nano zum Training mit dem Nike+-Sportkit oder einem kompatiblen Sportgerät nutzt. Denn dann können die Trainingsdaten auch ausgewertet werden.

Genius

Schließlich hat Apple den Nano auch um die von iTunes bekannten Genius-Wiedergabelisten erweitert. Dabei werden Playlists aus zu einem bestimmten Song passenden bzw. ähnlichen Liedern zusammengestellt. Um dieses Feature am iPod nutzen zu können, muss es auch in iTunes aktiviert sein. Die Listen werden per iTunes-Synchronisierung übernommen. Maximal zwölf solcher Playlists kann man sich automatisch zusammenmixen lassen. Bei Genius zeigt sich einmal mehr die manchmal zu enge Integration der iPods mit iTunes als Software und iTunes als Musik-Shop. Denn ohne iTunes Account kann man Genius nicht aktivieren.

Größeres Display, mehr Speicher

An der Hardware hat Apple ansonsten nur das Display geändert, das nun 2,2 Zoll groß ist und eine Auflösung von 240 x 376 Pixel besitzt. Der 36,4 Gramm leichte Player ist mit 8 GB oder 16 GB Speicher in neun prächtigen Farben erhältlich. Bei den Akkulaufzeiten gibt Apple bis zu 24 Stunden für Musikwiedergabe und fünf Stunden Videowiedergabe an, was im Test auch bestätigt werden konnte.

Fazit: Musikmeister braucht Kameranachhilfe

Bei der Kamera hat Apple noch einiges nachzuholen: eine bessere Platzierung im Gehäuse, einfachere Bedienung und mehr Einstellungsmöglichkeiten trüben das Video-Vergnügen ordentlich ein. Mit den Fitness-Features, dem größeren Display, Genius-Integration und vor allem mit dem FM Radio-Empfänger hat Cupertino seinem farbenfrohen Player ein zufriedenstellendes Upgrade spendiert. Wer darauf verzichten kann, aber dennoch einen Nano möchte, sollte noch in diversen Apple-Läden vorbeischauen, wo die alte Nano-Generation derzeit deutlich verbilligt abverkauft wird. Wer schon früher mit der Anschaffung eines Nano geliebäugelt hat und kein günstigeres Modell mehr ergattert, muss aber auch nicht draufzahlen, denn der Preis des 8-GB-Modells ist mit 149 Euro gleich geblieben. Das 16-GB-Modell ist mit 179 Euro sogar um 20 Euro billiger geworden. (Birgit Riegler/ derStandard.at 15. September 2009)