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Tatort Bahnsteig: Passanten legten in der S-Bahn-Station von Solln Blumen nieder.

Foto: AP/Lein

München - Er wollte helfen und wurde dafür zu Tode geprügelt: Der von zwei jugendlichen Schlägern am Sonntag in München getötete S-Bahn-Fahrgast hat 22 Verletzungen an Kopf und Oberkörper erlitten. Dies ergab das vorläufige Obduktionsergebnis, erklärte Staatsanwalt Laurent Lafleur am Montag in München. Die konkrete Todesursache stehe noch nicht fest, erklärte der Chef der Münchner Mordkommission, Markus Kraus, die Fußtritte gegen den Kopf des 50-Jährigen seien aber von jenen Kindern bezeugt worden, die der Mann vor einem Überfall hatte schützen wollen.

Der 50-Jährige war - wie berichtet - von zwei Jugendlichen attackiert worden, als er vier von diesen bedrängte jüngere Teenager in Schutz nahm. Die Angreifer hatten die Gruppe von 13- bis 15-Jährigen Sonntagnachmittag attackiert und Geld gefordert. Nachdem der 50-Jährige eingegriffen, die Polizei alarmiert und mit den bedrängten Jugendlichen in Solln ausgestiegen war, war er so brutal zusammengeschlagen worden, dass er noch am Bahnsteig verstarb. Den Tätern war es um 15 Euro Beute gegangen.

Die beiden Angreifer hatten sich nach der Tat in einem Gebüsch in der Nähe versteckt, wo sie von der Polizei entdeckt und festgenommen wurden. Ein dritter Jugendlicher, der am versuchten Raub, nicht aber an dem Angriff auf den Geschäftsmann beteiligt gewesen sein soll, wurde am Montag festgenommen. Gegen die beiden mutmaßlichen Täter wird nun wegen Mordes ermittelt.

Bayerns Öffentlichkeit reagierte entsetzt. Passanten legten am Bahnsteig in Solln Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Gleichzeitig entbrannte eine Debatte um den Umgang mit Gewalttaten durch Jugendliche.

Vorbestraft

Die Angreifer, ein 17- und ein 18-Jähriger, sind Deutsche. Der 18-Jährige, der zur Tatzeit angetrunken war, ist wegen schwerer Körperverletzung, räuberischer Erpressung und Diebstahls vorbestraft, sagte Staatsanwalt Lafleur. Medienberichten zufolge soll auch der zweite Jugendliche einschlägig amtsbekannt sein.

Der ältere der beiden Schläger hat sich am Montag bei der Familie des Opfers entschuldigt. Er bedauere seine Tat zutiefst und könne sich nicht erklären, wie es zu diesem Blackout kommen konnte, sagte sein Anwalt Gregor Rose der Münchner "tz" (Dienstag). "Ich wollte nicht, dass der Mann stirbt", zitiert der Anwalt seinen Mandanten.

Der 18-Jährige sitzt in der Haftanstalt Stadelheim in Untersuchungshaft. Der Staatsanwalt strebt eine Anklage wegen Mordes an, der Anwalt plädiert auf Körperverletzung mit Todesfolge. Zunächst solle aber ein psychologisches Gutachten erstellt werden, sagte der Anwalt. Auch Staatsanwalt Lafleur hatte Gutachten für die Beschuldigten angekündigt.

Politik fordert höhere Strafen 

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte, der Fall sei Anlass, darüber nachzudenken, was bei der Kriminalitätsbekämpfung verbessert werden könne. Opferschutz müsse vor Täterschutz gehen. Justizministerin Beate Merk erklärte: "Wir werden diese Straftat mit aller Härte des Gesetzes verfolgen." Das Opfer habe den Kindern vorbildlich geholfen. "Besser hätte man es nicht machen können." Innenminister Joachim Herrmann sagte, die Attacke sei ein weiteres erschreckendes Beispiel für die besorgniserregende Zunahme der Jugendgewalt, und Justizministerin Merk forderte, die Höchststrafe im Jugendstrafrecht von 10 auf 15 Jahre zu erhöhen.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder brutale Übergriffe in der Münchner U-Bahn gegeben. Die Attacke auf einen Rentner, der im Jahr 2007 nach seinem Hinweis auf das Rauchverbot lebensgefährlich verletzt worden war, hatte in Deutschland bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. (APA/red, derStandard.at/DER STANDARD-Printausgabe, 15.9.2009)