Aus den Indizien konnte man schließen, dass George Mitchell hart um ein Ergebnis kämpft. Das Gespräch des US-Sondergesandten mit Israels Premier Benjamin Netanjahu Dienstagfrüh in Jerusalem dauerte gute zwei Stunden, und für Mittwoch wurde ein zunächst nicht vorgesehenes weiteres Treffen der beiden angesetzt. Dazwischen reiste Mitchell nach Ramallah, um zu prüfen, ob Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sich letztlich doch mit dem von Netanjahu angebotenen partiellen Siedlungsstopp zufriedengibt.
"Wir hoffen, diese Phase unserer Gespräche rasch beenden zu können und bei unserer gemeinsamen Suche nach einem umfassenden Frieden in der Region voranzukommen" , sagte Mitchell zunächst nur vage.
Von US-Seite gab es noch keinerlei offiziellen Hinweis auf einen geplanten Dreiergipfel, bei dem Präsident Barack Obama gemeinsam mit Netanjahu und Abbas die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen verkünden würde. Israels Staatspräsident Shimon Peres bestätigte aber vor Diplomaten, dass die Uno-Vollversammlung nächste Woche einen Zieltermin darstellt. "Ich glaube, der Präsident der Vereinigten Staaten will bei der Versammlung eine bedeutende Ankündigung machen, die wir von ganzem Herzen unterstützen" , sagte Peres, "und wir denken, dass das eine gute Gelegenheit ist, die Unterbrechung in den Friedensprozessen zu beenden." In Netanjahus Umfeld hieß es, der Premier sei bereit, im Falle eines Durchbruchs auch früher als geplant nach New York zu fliegen, um Abbas zu treffen.
Am Montag hatte Netanjahu Signale ausgesendet, die offenbar das rechte Lager in Israel beruhigen sollten. Der Siedlungsausbau werde nicht völlig eingefroren, sondern bloß vorübergehend reduziert. Begonnene Wohnungsprojekte im Westjordanland würden fertiggestellt, und öffentliche Bauten wie Schulen, Kliniken und Synagogen wären vom Baustopp nicht betroffen.
Umso resoluter beharrte die Palästinenser-Führung auf der Forderung nach einem totalen Ausbaustopp - es hieß, Abbas würde das Gesicht verlieren, wenn er Netanjahu träfe, obwohl der Ausbau weitergehe. Mitchell versuchte offenbar, bei den Israelis Zugeständnisse zu erreichen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2009)