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Die pakistanische Armee hat im April die Jagd auf die Taliban im Swat-Tal eröffnet.

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Ein Mann in Mingora begutachtet nach seiner Rückkehr von der Flucht vor den Kämpfen die Überreste seines zerstörten Hauses.

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Familienmitglieder bereiten das Begräbnis eines Mannes vor, der in Mingora tot auf der Straße gefunden wurde.

AP Photo/Alexander Meneghini

Mingora, Pakistan. "Man versicherte uns, er würde am nächsten Tag entlassen", zitiert die US-Tageszeitung New York Times aus der Petition einer pakistanischen Familie aus Mingora, im pakistanischen Swat-Tal. Die Mutter Jehan Sultana beklagt den Tod ihres Sohnes Akhtar Ali. Der 28-Jährige besaß ein Elektrofachgeschäft, wo er am 1. September von vier Soldaten der pakistanischen Armee verhaftet wurde. Am Morgen des 5. Septembers habe er dann vor ihrer Tür gelegen - "zu Tode gefoltert".

An ihm sei keine Stelle gewesen, an der er nicht gefoltert worden war, gab Akhtar Alis Familie in der Petition zu Protokoll: Nägel seien ihm in den Körper gehämmert worden, Zigaretten in die Haut gebrannt. Dabei habe er nie etwas mit den Taliban zu tun gehabt, schrieb seine Familie. Der Tod Akhtar Alis sei Gegenstand einer militärischen Untersuchung, der Verantwortliche werde diszipliniert, sagte General Athar Abbas, der Militärsprecher der Region Swat.

Armee darin verwickelt?

Er hat viel zu tun im Moment. Denn laut New York Times mehren sich die Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen und lokalen Beobachtern, dass die pakistanische Armee bei ihrer Jagd auf die radikal-islamischen Taliban in der Touristenregion Swat außergerichtliche Exekutionen durchführe. In den Straßen von Mingora und anderen ländlichen Gegenden unter militärischer Kontrolle seien verstümmelte Leichen gefunden worden.

Bis Anfang September seien laut zwei nationalen Tageszeitungen bereits 251 Tote auf diese Weise aufgetaucht. Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Commission berichtete auch von Massengräbern, die Dorfbewohner der Orte Kukarai, Daulai und Shah Dheri gesehen haben wollen. Die Toten darin seien wahrscheinlich Taliban-Kämpfer.

Militärsprecher Athar Abbas weist jede Verwicklung der Armee in die Morde aufs Schärfste zurück. Die Toten in den Straßen seien Opfer ziviler Racheakte an vermeintlichen Taliban-Sympathisanten. Und die Massengräber seien von den Taliban selbst angelegt worden, um dort ihre verwundeten Mitstreiter entsorgen zu können. Die pakistanische Armee gewähre Gefangenen einen ordentlichen Prozess, sagte der Sprecher. "Es gibt in unserem System keine außergerichtlichen Exekutionen."

"Der Staat darf nicht barbarisch sein"

Seit April macht Pakistan mit Unterstützung der USA Jagd auf die Taliban, das paradiesische Swat-Tal, 120 Kilometer nördlich der Hauptstadt Islamabad, ist eine Kampfzone. Noch am Montag hatte der Militärsprecher eine Erfolgsmeldung abzugeben: Die Taliban seien eingekesselt, die Suche nach ihrem Anführer Fazlullah mache große Fortschritte. Mehr als 2000 Aufständische seien schon getötet worden, der Widerstand so gut wie gebrochen.

Bei ihrer Offensive gegen die Extremisten müsse die Armee trotz aller Erfolge aber aufhören, Exempel an den falschen Leuten zu statuieren, verlangte Ziauddin Yousafzi, der Direktor einer Mädchenschule in Mingora. "Der Staat darf nicht barbarisch sein", sagte er. "Wenn die Menschen Leichen von Top-Taliban-Führern sehen, statt die Überreste von Männern wie Akhtar Ali, dann erst werden sie jubeln." (resa/derStandard.at, 15.09.2009)