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Die Psychoanalyse beeinflusst laut einer aktuellen Studie tatsächlich biologische Prozesse im Gehirn
Innsbruck/Frankfurt/Main - Hirnforscher haben erstmals die Wirkung der Psychoanalyse bei depressiven Menschen mit Bildern vom Gehirn dokumentiert. "Auch wenn wir erst am Anfang stehen, zeigen die ersten Befunde, dass der Erfolg der Therapie beim Patienten messbar ist", sagt Anna Buchheim, Psychologin an der Universität Innsbruck.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Psychoanalyse behandelt seelische Leiden nicht medikamentös, sondern versucht, die Ursachen der Krankheit im Unterbewussten der Patienten aufzudecken. Die Wirksamkeit dieser Therapieform sei zwar längst belegt. Dass die Therapie aber tatsächlich biologische Prozesse im Gehirn konkret beeinflusst, sei bisher ohne Beweis gewesen. "Die Zusammenarbeit der Psychoanalytiker und Hirnforscher beginnt erst", sagte Buchheim. Bei der Studie arbeiten Wissenschafter aus Bremen, Heidelberg Innsbruck, Kassel, Magdeburg und Ulm zusammen. Erste Ergebnisse hatte Buchheim, die das Wissenschaftsteam leitet, in Frankfurt am Main präsentiert.
Gehirne sichtbar gemacht
Für die Studie wurden 20 Depressive aus Bremen zum Anfang ihrer Therapie in einen Kernspintomographen gelegt, der die Aktivität ihrer Gehirne sichtbar macht. "Wir zeigten ihnen individuell auf ihr Krankheitsbild zugeschnittene Reize", sagt Buchheim. Das seien zum Beispiel Bilder oder Schlüsselsätze gewesen, die die Patienten mit ihren unbewussten Konflikten konfrontierten. Nach sieben und nach 15 Monaten wurde die Kernspinuntersuchung wiederholt. Ergebnis: Zu Anfang der Behandlung war die Aktivität in Regionen des Gehirns, die für Ängste und Furcht zuständig sind, viel höher als bei den späteren Messungen. "Schon nach sieben Monaten war eine deutliche Minderung dieser Hyperaktivität zu beobachten", berichtete Buchheim.
Zunächst gelte es jedoch zu klären, ob der Behandlungserfolg auch langfristig nachgewiesen werden kann. "Im Moment stecken wir noch in der Auswertung der dritten Messung nach 15 Monaten." Noch sei unklar, ob die 20 Patienten noch einmal zu einem späteren Zeitpunkt der Langzeittherapie im Kernspintomographen untersucht werden können.
Komplexe Depressionen
Zwar seien Depressionen viel zu komplex, als dass ihre Erklärung auf die Aktivität von Gehirnregionen beschränkt werden könne, erläuterte Buchheim. Erst vor kurzem beschäftigten sich beispielsweise Wissenschafter des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München damit, dass bei 30 Prozent der Depressionspatienten Medikamente gar nicht ausreichend wirken. Die medikamentöse Behandlung erfolgt meist auf der Grundlage von Antidepressiva. Für jene Patienten, bei denen sie nicht wirken, könnten die neuen Erkenntnisse Hoffnung auf Besserung bedeuten. Bis dahin kann es aber noch dauern. "Aber vielleicht ist es eines Tages möglich, dass Analytiker ihre Therapien mit Hilfe der Hirnforschung optimieren." Die Schnittstelle zwischen Neurowissenschaft und Psychoanalyse biete großes Forschungspotenzial. (APA/red)