Die kleine bunte Gemüsewelt des Kaiser- Josef-Platzes in Graz soll so bleiben, wie sie ist, wünscht sich Standlerin Maria Horvath.

Foto: Müller

Die steirische Landeshauptstadt ist in den letzten Jahren spürbar lebendiger geworden. Dies ist weniger an neuen großen kulturpolitischen Entwürfen ablesbar, sondern vielmehr im kulturellen Mikrokosmos von Graz. 


Im Windschatten des Kulturhauptstadtjahres 2003 ist in den vergangenen Jahren eine junge, vielschichtige Szene entstanden. Rund um das Kunsthaus etablierten sich neue, trendige Shops, Beiseln mit kulturellem Flair und Kunstinitiativen. Selbst der Bauernmarkt am Lendplatz in der Nähe des Kunsthauses hat sich nach einem Facelifting zur trendigen Location entwickelt.

Und sogar der altehrwürdige Kaiser-Josef-Markt auf der anderen Seite der Mur, in der nobleren Innenstadt gleich neben dem Opernhaus, wurde wachgeküsst. Rundherum und mittendrin hat sich altbäuerlicher Charme mit Urbanität zu mischen begonnen. 

Den Traditionsmarkt aufmotzen

Auf diese Idylle, die organisch aus diesem urig-authentischen Ambiente entstanden ist, haben jetzt auch die Touristiker der Stadt ein Auge geworden: Man will den Traditionsmarkt aufmotzen und das ganze 4700 Meter große Areal, das seit 1929 Bauern der Umgebung die Möglichkeit bietet, ihre selbsterzeugten Obst- und Gemüseprodukte täglich feilzubieten, zu einem „Genussregionsmarkt" hochstilisieren - auch für Touristen. Und außerdem soll der Markt für italienische und ungarische Bauern aufgemacht werden. 

Na bumm. Der Aufstand der Standler war perfekt. „Also bitte, was soll das?", fragt etwa die Gemüsestandlerin Maria Horvath stellvertretend für ihre Marktkolleginnen. „Die Leute, auch die Kunden, regen sich alle auf. Der alte Platz soll so bleiben, wie er ist." Karin Dorner - sie vertreibt selbstgemachte Gestecke und Gartengemüse - pflichtet bei: „Alle sagen uns, so einen schönen Markt gibt es in ganz Österreich nicht. Wenn sie von der Stadt was ändern wollen, solln sie uns ein WC herbauen."

Fremde Händler unerwünscht

Auch, dass jetzt ungarische und italienische Händler kommen sollen, hält man am alten Bauernmarkt für „keine gute Idee". Dorner: „Wenn ich das will, geh ich nach Wien auf den Naschmarkt. Wie soll überprüft werden, woher die Ware kommt?" 

Dieses Problem sieht man mittlerweile auch im Magistrat Graz. „Wir können ja nicht immer Dienstreisen nach Italien oder Ungarn machen, um zu überprüfen, woher die Ware kommt", sagt Helga Zupan vom zuständigen Marktamt. Doch die EU dränge. Es dürfe niemand in seiner Dienstleistungsfreiheit eingeschränkt werden. 

Der Akt mit etlichen Ansuchen italienischer und ungarischer Händler liegt beim zuständigen VP-Stadtrat Detlev Eisel-Eiselsberg vorerst einmal gut ab. Von einem eigenen, neuen „Grazer Naschmarkt" ist dort mittlerweile die Rede, wo auch italienische und ungarische Standler ihre Waren verkaufen könnten - als Kompromiss sozusagen im Streit der Salatkulturen. Im Spätherbst soll entschieden werden, ob und wie der Kaiser-Josef-Markt verändert wird und wo die ausländischen Bauern ihre Produkte anbieten können. 

Grete Reichsthaler von der Landwirtschaftskammer, die die Pläne für eine Marktumgestaltung ausarbeitet, verspricht: "Das europäisch einmalige Flair wollen wir natürlich erhalten. Aber wir müssen auch an die Jungen denken und etwas verändern." (Walter Müller, DER STANDARD; Printausgabe, 23.8.2009)