Die Infrastrukturministerin Doris Bures reagiert in einem offenen Brief auf die Aussagen von Finanzminister Josef Pröll, der am Dienstag nach dem Ministerrat und in einer Aussendung des
Finanzministeriums von sieben Milliarden Euro Zuschüssen für die ÖBB und von durchschnittlich 27 Krankenstandstagen im Unternehmen spricht. Im Folgenden das Schreiben im Wortlaut.

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Sehr geehrter Herr Finanzminister, lieber Josef!

Aus Anlass deiner heutigen Presseaussendung zum Thema "Kosten der ÖBB" möchte ich dir folgendes mitteilen.

Wir haben uns bei den Budgetverhandlungen darauf geeinigt, die längst notwendige Modernisierung der Schieneninfrastruktur in Österreich durch den Einsatz von 13,2 Milliarden Euro bis 2014 voranzutreiben.

Darüber hinaus wurden diese wichtigen Infrastrukturinvestitionen auch noch mit Konjunkturpaketen im Ausmaß von 700 Millionen Euro verknüpft und gestärkt. Gemeinsam ist es uns darum gegangen, positive wirtschaftspolitische, arbeitsmarktpolitische, verkehrspolitische und
umweltpolitische Effekte möglichst rasch zu erzielen.

Die Investitionen von 2,174 Milliarden Euro im Jahr 2009 müssen durch das Unternehmen ÖBB-Infrastruktur Bau AG getätigt werden. Aus obiger Tabelle ist ersichtlich, dass - entsprechend der langfristigen Finanzierungsvereinbarung vom 24. Juli 2009 zwischen dem BMF, BMVIT
und ÖBB - der Bund im Jahr 2009 224 Millionen Euro direkt aus dem Budget aufwendet.

Das klare Bekenntnis und die gemeinsame Linie der Bundesregierung zu diesen wichtigen Investitionen wurde nicht nur durch den Ministerratsbeschluss vom 31.03.2009, sondern auch durch die mehrheitliche Beschlussfassung im österreichischen Nationalrat mehrfach dokumentiert und steht - so hoffe ich - auch weiterhin außer Streit. Gerade die Verkehrspolitik eines Landes braucht besonders im Hinblick auf die Realisierungszeiten von Großprojekten unbedingte
Verlässlichkeit.

Anlässlich deiner heutigen Aussendung, wonach in die ÖBB jährlich 7 Milliarden Euro in Form von Steuergeldern und Staatshaftungen fließen würden, möchte ich dir der guten Ordnung halber die Fakten mitteilen, wiewohl ich davon ausgehe, dass sie dir ohnehin bekannt sind.

Neben den bereits erwähnten 224 Millionen Euro im Jahr 2009 für den oben genannten Infrastrukturausbau, gliedern sich die Budgetzahlungen an die ÖBB im Jahr 2009 wie folgt:

  • 532 Millionen Euro für bestellte gemeinwirtschaftliche Leistungen wie gestützte Pendlertarife, gestützte Vorteilskarten für Senior/innen, Student/innen, Familien und Menschen mit besonderen
    Bedürfnissen.
  • 105 Millionen Euro für Förderungen für spezielle Güterverkehre - ROLA und gefährliche Gütertransporte.
  • 1,018 Milliarden Euro für den Betrieb und die Instandhaltung des 5.700 km langen Eisenbahnnetzes sowie den Verschub. Nur durch diesen Mitteleinsatz ist der in Österreich beachtenswerte modal split von über 30% (EU-Schnitt nur 15%) im Güterverkehr zugunsten der Schiene möglich bzw. auszubauen.

Selbst bei Hinzuzählung der gesetzlich verankerten Pensionszahlungen des Bundes von netto rund 1,6 Milliarden Euro seitens des BMF ergibt sich die beachtliche Differenz von rund 3,5 Milliarden Euro für 2009, die deiner Aussendung zufolge "in Form von Steuergeldern und Staatshaftungen" "in die Eisenbahn fließen" würden. Im übrigen "fließt" die Staatshaftung zum einen nicht in das Unternehmen und ist zum anderen in den jährlichen Bundeszuschüssen gem. BBG (s. obige
Tabelle) bereits berücksichtigt.

Da mir völlig bewusst ist, dass es sich bei den tatsächlichen Zahlungen von rund 1,9 Milliarden Euro seitens des BMVIT und rund 1,6 Milliarden Euro seitens des BMF (in Summe also 3,5 Milliarden Euro
für 2009) zweifelsohne um ein hohes Finanzvolumen handelt, erscheint es mir nicht sehr zielführend zu sein, diese Zahlen in der öffentlichen Darstellung zu verdoppeln.

Mit der Bitte, die gemeinsam beschlossene Infrastrukturpolitik und die damit verbundene Finanzierung auch in Zukunft gemeinsam zu tragen, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Doris Bures

PS: Im Übrigen möchte ich noch festhalten, dass derzeit ÖBB-Bedienstete nicht 27 Tage durchschnittlich im Krankenstand sind, sondern 17 Tage. Auch wenn die Krankenstandstage bei ÖBB-Bediensteten damit nicht - wie du gesagt hast - doppelt so hoch sind wie der
österreichische Durchschnitt von 12 Tagen, halte ich es für richtig, dass das Unternehmen Maß-nahmen gegen überdurchschnittlich viele Krankenstände setzt, aber es ist inakzeptabel, zu unmenschlichen und rechtswidrigen Methoden zu greifen.