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Merkel-Wahlkampfveranstaltung im Hamburg: Anti-Atom-Fahnen neben "Angie"-Bannern.

Foto: Reuters/Christian Charisius

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"Campact"-Plakat bei der CDU-Veranstaltung in Mainz:

Foto: Reuters/Johannes Eisele

Es begann mit einem Wahlplakat. Der Ankündigung, dass die Bundeskanzlerin in Hamburg auftreten werde, fügte ein Unbekannter mit Lackstift: "Und alle so: Yeaahh" hinzu. In Internetforen machte das Bild die Runde, Yeah-Lied und Yeah-T-Shirt gibt es mittlerweile auch, und schließlich fanden sich bei Merkels Rede auf dem Hamburger Gänsemarkt hunderte Zuseher ein, die jede ihrer Aussagen mit Freudengeschrei quittierten.

Die um Seriosität bemühte "Frankfurter Allgemeine" schreibt von "Blitzmeuten", die Merkel zu schaffen machen: bei der CDU-Wahlkampfveranstaltung im Mainz wiederholten dem Blatt zufolge etwa 150 Besucher lautstark Stichworte wie "Wachstum", "Hintertür" oder ganz einfach "fünf".

Quelle: Youtube

Mittlerweile setzen deutsche NGOs die Protestform professionell ein: die Inititative "Campact" hat 140.000 Adressen auf ihrem Mailverteiler und stattet Aktivisten mit professionell gestalteten Plakaten aus, die diese dann auf ein Stichwort gleichzeitig aufklappen sollen. Mit spontanen Aktionen wie dem Hamburger "Yeah"-Flashmob will Geschäftsführer Christoph Bautz nichts zu tun haben: auf der Webseite der NGO distanzierte er sich von der "eher unpolitischen Aktion", die die Veranstaltung massiv gestört habe.

Nur erfolgversprechende Themen

Der spendenfinanzierte Verein, der in seinem Büro im norddeutschen Verden zehn Mitarbeiter beschäftigt, sucht die Themen für seine Aktionen sorgfältig aus: komplexe Sachverhalte sind schwerer zu vermitteln, und gegen anstehende Entscheidungen zu protestieren, die von weniger als 40 Prozent der Bevölkerung abgelehnt werden, lohnt sich nicht.

Spontandemos kaum zu verhindern

Erfunden wurde die spektakuläre Protestform Flashmob in den USA, aber auch zahlreiche oppositionelle Jugendbewegungen in Osteuropa setzen die schwer zu verhindernden Spontandemos ein. Während zum Beispiel in der weißrussischen Hauptstadt Minsk offizielle Demonstrationen nur selten genehmigt werden, sind die Polizisten machtlos, wenn auf einem belebten Platz plötzlich hunderte Menschen die Regierungszeitung aus der Tasche ziehen, zerknüllen und die Überreste in Papierkorbe stopfen.

In der 80er Jahren war in der polnischen Industriestadt Wroclaw (Breslau) ein Vorläufer des Flashmobs unterwegs: Zu den größten Erfolgen der dadaistischen "Orangen Alternative" zählt, dass im Dezember 1987 die Polizei sämtliche Weihnachtsmänner festnahm, weil sie eine Spontandemo befürchtete. (bed/derStandard.at, 23.9.2009)