Frankfurt - Der weltgrößte Autozulieferer Bosch legt wegen der Absatzkrise seine Russland-Pläne auf Eis. Die Expansion in dem Wachstumsmarkt werde nicht grundsätzlich infrage gestellt, sich aber um eineinhalb bis zwei Jahre verzögern, sagte Russland-Chef Rene Schlegel am Freitag auf der Automesse IAA. Zur Begründung verwies er darauf, dass westliche Hersteller in Russland derzeit wenig Volumen nachfragten. Außerdem stelle die russische Industrie nach wie vor sehr viele Teile in Eigenregie her.
Bosch hat bisher drei Standorte in Russland. In der Wolga-Stadt Engels etwa stellen rund 1.000 Beschäftigte Autoteile her. Geplant sei, künftig auch Diesel-Technologie und Sicherheitssysteme wie ABS in Russland zu produzieren, sagte Schlegel. Es sei davon auszugehen, dass der russische Autoabsatz in der laufenden Dekade auf 3,5 bis vier Millionen Autos im Jahr ansteigen werde. Daher seien weitere große Investitionen in den Markt nötig, sagte Schlegel.
Zu wenige Partner
Die Zulieferindustrie in Russland hinkt der anderer aufstrebender Märkte noch weit hinterher, wie VW-Vertriebschef Detlef Wittig erklärte. Mit Blick auf die eigene Fabrik in Russland sagte er: "Wir werden die gesetzlich erforderlichen 30 Prozent an lokaler Fertigungstiefe erreichen, aber nicht mehr." In China liege der Anteil hingegen bei 90 Prozent, in Indien bei 75 bis 80 Prozent. "Es sind zu wenige Partner da aufgrund der überkommenen, stark vertikalisierten Industriestruktur", sagte Wittig. "China hat eine funktionierende mittelstandsähnliche Struktur, Russland nicht." Volkswagen habe sich bei seiner Expansion nach Russland bewusst dagegen entschieden, bei einem der "großen Dinosaurier" zu investieren. "Wir sind lieber auf die grüne Wiese gegangen."
Die Folge der ineffizienten Struktur der russischen Zulieferindustrie sei, dass das Kostenniveau in Russland weit über dem in Westeuropa liege, sagte Wittig. Während es für mechanische Teile oft kompetente lokale Lieferanten gebe, sei das bei Mechatronik- und Elektronik-Komponenten nicht der Fall, ergänzte Schlegel. (APA/Reuters)