Unter den gelangweilt wirkenden Blicken zweier riesiger Elefanten ging an einem Abend vergangene Woche eine ungewöhnliche Serie von Fußballspielen auf einem improvisierten Spielfeld inmitten des Busches im Aquila Game Reserve, einem privaten Safaripark zweieinhalb Autostunden nördlich von Kapstadt, zu Ende.

"Twilight Football"

An den Abenden zuvor wurde in ähnlich exotischen Kulissen gekickt: Auf einem schwimmenden Feld in Venedig und einem Gletscher in Zermatt; einer Stierkampfarena im andalusischen Antequera und bei Tintagel Castle, dem sagenhaften "Camelot" König Artus' an der Atlantikküste in Cornwall; bei den Iguazú-Wasserfällen im argentinischen Regenwald und in Pinnacle Desert in Australien.

Die eigentlichen Stars des von Sony veranstalteten "Twilight Football" waren jedoch nicht die durch Online-Wettbewerbe zusammengewürfelten Kickerteams, sondern es waren Foto- und Videokameras auf Basis einer neuen Kameratechnologie, die unter schlechten Lichtbedingungen bessere Bilder machen soll.
Sonnenuntergang

Zwei Tage lang folgte Sony, Sponsor der Fußball-WM 2010 in Südafrika, der Abenddämmerung über verschiedene Zeitzonen, um die Leistungsfähigkeit seiner neuen Technik zu demonstrieren. Denn "schlechte Bilder bei schwachem Licht" würden zu den größten Frustrationen von Fotoamateuren zählen, sagte Yoshiyuki Nogami, Vizepräsident von Sony Europe. Sony nahm darum technologische Anleihe bei den teuren Bildsensoren, mit denen in der Astronomie gearbeitet wird, und entwickelte daraus seinen Exmor-R getauften Bildsensor, der die Lichtausbeute verdoppeln soll.

Gelungen

Sensoren sind quasi der Film von Digitalkameras. Bei der derzeit üblichen Bauweise muss das Licht erst durch eine Schicht elektrischer Schaltungen dringen, ehe es geschwächt auf die lichtempfindlichen Fotodioden auftrifft. Sony ist es gelungen, diese Bauweise umzudrehen, womit mehr Licht von den Dioden registriert wird. Was an Bildrauschen (Störungen, die bei wenig Licht aus hoher Empfindlichkeit des Sensors entstehen) übrig bleibt, soll ein leistungsfähiger Prozessor, Bionz, herausfiltern.

Sony verbaut den neuen Sensor sowohl in neuen Cybershot-Kompaktkameras, TX1 und WX1, den Spiegelreflexkameras Alpha 550 und 500, sowie einer Handycam. Empfindlichere Sensoren sind jedoch nur ein Teil der Gleichung, andere Variablen sind optische und digitale Tricks, um Verwackelungen auszugleichen, sowie die Lichtempfindlichkeit der verwendeten Objektive.

Bei Aufnahmen in der Dämmerung wird der Exmor-Sensor durch eine weitere digitale Technik unterstützt: Die Kamera schießt in weniger als einer Sekunde sechs Bilder, aus denen sie dann ein möglichst detailreiches und wenig verwackeltes Einzelbild herausrechnet. Nachteil: Es dauert jeweils rund eine halbe Minute, bis die Kamera wieder einsatzbereit ist.

Noch zwei weitere neue Features hat Sony in die Kameras gepackt: Aus einem Kameraschwenk kann ein Panoramabild (bis zu 256 Grad) erstellt werden. Die Alpha 550 wartet mit einer professionellen Anwendung auf, um starke Kontraste abbilden zu können: Aus Serienaufnahmen eines Motivs mit unterschiedlichen Belichtungseinstellungen wird automatisch ein Bild erstellt, bei dem Details sowohl sehr heller als auch sehr dunkler Bildteile korrekt dargestellt werden (Auto High Dynamic Range, HDR).
Soziale Medien statt TV

Dämmerungskick im Safaripark

Der Dämmerungskick im Safaripark ist aber nicht nur Vorlauf auf die Fußball-WM 2010, sondern dient Sony noch zu einem anderen Zweck: Erstmals testet der Konzern auf globaler Basis, wie sich "soziale Medien" in Marketing-Dienste stellen lassen. Werden sonst neue Produkte in regionalen Märkten getrennt und sehr stark über TV-Werbung präsentiert, läuft die Twilight-Kampagne weltweit gleichzeitig und verzichtet auf Fernsehen als Transportmedium.

Stattdessen sollen Online-Communitys die Buschtrommel für Sony rühren. Das begann mit der Auswahl der Kicker wie auch von hunderten Foto- und Filmamateuren, die sich über Wettbewerbe auf Youtube, Flickr, Facebook und Twitter als "Documenter" qualifizierten - sie gewannen ein Flugticket zu den Events, die sie mit Sony-Ausrüstung fotografierten. Sony verwendet eine "kuratierte" Auswahl dieser Bilder und Videos, um "viral" über Webseiten die Nachricht von seinen dämmerungstauglichen Kameras zu verbreiten.

Für den weltweit größten Produzenten von Videoausrüstung und TV-Geräten ist dies nicht ohne Ironie: Denn während Sony darauf setzt, dass TV-Sender künftig in HD (High Definition) produzieren, um seine HD-TV verkaufen zu können, entzieht der Konzern diesen Anstalten Werbegelder, die sie für die Investition in HD-Produktionen dringend brauchen. Das räumt auch James Kennedy ein, der bei Sony "Twilight Football" entwickelte. "Aber wir können online mit wesentlich weniger Geld agieren, als uns traditionelle TV-Werbung kostet", sagt er im Gespräch mit dem Standard. Wie teuer die Twilight-Kampagne kommt, behält Sony für sich; aber ein paar Millionen Euro werden die aufwändigen Aktionen, an denen rund 600 Akteure beteiligt sind, schon kosten.
Kick bei Sonnenuntergang im südafrikanischen Safaripark: In der Dämmerung soll ein neuer Bildsensor von Sony seine Qualität beweisen, aus wenig Licht viel herauszuholen. (Helmut Spudich aus Kapstadt, DER STANDARD Printausgabe 29. Septmber 2009)