In einer ihrer ersten Amtshandlungen hat Japans neue Regierung am Dienstag mit der Entmachtung der Beamten begonnen. So verbot sie das vielkritisierte "amakudari" (vom Himmel hinabsteigen). Spitzenbeamte sollen künftig nicht wie bisher mit rund 55 Jahren vom Ministerium (dem Himmel) auf gut bezahlte Vorstandsposten in öffentlichen Unternehmen wechseln. Außerdem wird den Ministerien verboten, den Wechsel von Beamten in Organisationen oder Privatfirmen zu ermutigen, die von Ministerien kontrolliert werden.

Dieses System des institutionalisierten Filzes gilt als eine wichtige Ursache von Korruption und Verschwendung. Mit seiner Abschaffung wollen Japans regierende Demokraten nach ihrem historischen Wahlsieg die von Premierminister Yukio Hatoyama versprochene "Revolution" durchsetzen: Wichtige politische Entscheidungen und vor allem die Erstellung des Staatshaushalts sollen künftig von gewählten Volksvertretern und nicht mehr wie bisher von Beamten getroffen werden.

Die Staatsdiener haben sich in den letzten 40 Jahren im Machtkartell aus Bossen, Parteibonzen und Beamten zu den eigentlichen Herren des politischen Prozesses aufgeschwungen. Ein wichtiges Mittel ihrer Macht ist ein von der Politik nahezu unkontrolliertes Schattenreich von rund 100 staatlichen und halbstaatlichen Unternehmen, über das ein großer Teil öffentlicher Aufträge an die Privatwirtschaft weitergereicht wird.

Sonderkonten

Die Etats dieses Sektors mitsamt der von Beamten kontrollierten Sonderkonten, die teilweise diese Unternehmen unterstützen, belaufen sich auf mehr als 200.000 Mrd. Yen (1530 Mrd. Euro). Das entspricht etwa dem Zweieinhalbfachen des eigentlichen Staatshaushalts vor der Weltwirtschaftskrise.

Indem die Regierung die Hand auf diese Gelder legt und den bürokratisch-unternehmerischen Komplex radikal reformiert, will sie Korruption wie Verschwendung eindämmen. So wollen die Demokraten das Kunststück vollbringen, ihre teuren Wahlversprechen wie die drastische Erhöhung des Kindergeldes ohne Steuererhöhungen zu finanzieren.

Um die Erstellung eines neuen Haushalts zu kontrollieren, hat das Kabinett neben dem Amakudari-Bann ein zentrales Haushaltskomitee gegründet. In ihm sitzen neben Hatoyama unter anderen Strategieminister Naoto Kan und Finanzminister Hirahiso Fujii.

Der Generalangriff der Demokraten auf die Bastion der Bürokraten ist ein Novum in der jüngeren Geschichte Japans. "Bisherige Reformversuche waren nur Stückwerk" , urteilt der Haushaltsexperte Hideaki Tanaka, Professor der Hitotsubashi Universität. Zudem scheiterten sie, weil sie der Beamtenschaft keine Alternative zur Frühpension anboten. Die Demokraten versprechen den Staatsdienern nun, ein System aufzubauen, in dem die Arbeitszeit schrittweise auf das offizielle Pensionsalter angehoben wird. 2013 soll es bei 65 Jahren liegen. (Martin Kölling aus Tokio/DER STANDARD, Printausgabe, 30.9.2009)