Wien - Kaum abgeflaut, kocht die Affäre um illegal gespeicherte Krankenakten und medizinische Diagnosen der ÖBB wieder hoch. Nach den in Fusion befindlichen ÖBB-Infrastruktur-Gesellschaften Betrieb AG und Bau AG ist es nun der bisher als "clean" befundene Absatzbereich, der negativ auffällt. Im ÖBB-Personenverkehr wurden laut Standard-Informationen insbesondere Zugbegleiter auf Herz und Nieren geprüft - und diese Erhebungen, die auch Befragungen Angehöriger umfassten, erfasst.
Laut News wurden noch bis vor einer Woche, also fast zwei Wochen nach Auffliegen der Affäre, und nachdem die ÖBB-Führung den Stopp der Speicherungen verkündet hatte, die letzten Diagnosen in das System eingegeben. Die Aktivitäten bei den Zugbegleitern erscheinen insofern in einem grellen Licht, als die neu gegründete ÖBB-Personenverkehr AG ab 2004 den sogenannten unbegleiteten Verkehr massiv forcierte und alle Hebel in Bewegung setzte, um teure Schaffner im Regionalverkehr durch Automaten zu ersetzen.
Hochrangige ÖBB-Manager gehen mittlerweile davon aus, dass die Schätzung, von 42.000 Eisenbahnern seien vielleicht zehn Prozent betroffen, nicht zu halten sei. Man werde wohl vom Drei bis Fünffachen ausgehen müssen.
Klar ist, dass ÖBB-Chef Peter Klugar von Ex-Personalchef Franz Nigl über die illegale Datenspeicherpraxis falsch informiert wurde. In einem Memo schrieb Nigl am 30. Juni 2008: "In den Personalsystemen des Konzerns sind keine Aufzeichnungen über Diagnosen oder Krankheitsgeschichten ... gespeichert. Auch in der Personalakte jedes Mitarbeiters finden sich derartige Aufzeichnungen nicht. Gespeichert bzw. vermerkt ist lediglich die Tatsache einer krankheitsbedingten Abwesenheit, nicht aber deren Ursache." (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.10.2009)