Bild nicht mehr verfügbar.

Visitenkarten-Tausch mit Kuschelfaktor. War die Datenübertragung erfolgreich, blinken die Pokens grün

Luca Hammer hat mittlerweile etwa 150 Kontakte über seinen Poken bekommen. Er schätzt, dass österreichweit höchstens 200 Leute bereits einen besitzen würden

Stefan Kuzmanov

Bild nicht mehr verfügbar.

Hannes Offenbacher (links) und seine Kollegen stellten beim jüngsten Blogtail in Wien das neue Web2.0-Spielzeug vor

Bild nicht mehr verfügbar.

Luca Hammer (links) wurde von missionpoken.de angefragt, ob er den Vertrieb in Österreich übernehmen könne. "Wir kannten uns von einem BarCamp", erzählt Hammer

Bild nicht mehr verfügbar.

Nach 64 Kontakten ist der Poken voll. Dann muss man ihn per USB an seinen Computer anschließen und die Kontakte in sein Poken-Profil laden, wo sie gespeichert werden

Bild nicht mehr verfügbar.

Die niedliche Optik der Poken sei nicht business-tauglich, sagen Kritiker

Auf BarCamps und bei Twittagessen sind sie längst beliebte Maskottchen: Poken. Kleine, bunte Plastikfiguren mit einer überdimensionierten, weißen Hand. Sie baumeln um den Hals des internet-affinen Trägers und kaum trifft der auf seinesgleichen, wird es kuschlig. Denn dann halten beide ihre Pokens zusammen und diese leuchten auf: Die Datenübertragung per Funk war erfolgreich.

Gerade haben zwei Menschen mit Hilfe dieser Gadgets ihre digitalen Visitenkarten ausgetauscht. Darauf sind nicht nur Name, Firma, Position, Telefonnummer und E-Mail-Adresse gespeichert, sondern die Web2.0-Identität des Besitzers: inklusive Blogdomain und Profile auf Xing, Linkedin, Facebook, Flickr, StudiVZ, Twitter, YouTube oder MySpace.

Die Daten sind sicher

"Aber keine Angst – was der andere sieht, bestimmt man selbst. Man kann vier verschiedene Visitenkarten speichern", erklärt der Tiroler Luca Hammer, Blogger der ersten Stunde und offizieller Vertriebspartner des deutschen Poken-Online-Shops missionpoken.de.

"Außerdem erhält der Empfänger nach dem Datenaustausch nicht automatisch Zugang zu all den Profilen. Denn man muss den Kontakt erst auf der Website des Herstellers bestätigen. Auf dem Poken selbst sind keine Daten gespeichert", betont Hammer.

Gemeinsam mit Hannes Offenbacher betreibt er das Netzwerk blögger.at und die Wiener Beratungsagentur BlogWerkstatt – die beiden kennen sich bestens aus in der heimischen Social-Media-Szene. Bei ihrem regelmäßigen Bloggertreffen in Wien, dem Blogtail, haben sie vor kurzem Poken unter die interessierten Besucher gebracht.

Keine Tipperei mehr

Die Vorteile des Poken haben auch die gleich überzeugt: "Wer tippt schon gerne nach einer Konferenz dutzende Visitenkarten ab, oder holt sich mühsam die Kontaktdaten aus dem Xing-Profil?", sagt Offenbacher. "Die Visitenkarten aus dem Poken kann ich ganz einfach exportieren und zum Beispiel im Mail-Programm verwalten", ergänzt Hammer.

Noch sei es – gerade in Österreich – mit den Pokens wie früher mit dem Fax, erklärt Offenbacher: "Weil sie so neu sind und kaum jemand einen hat, kann man seinen Poken nur selten einsetzen."

Mehrere Wochen sei er sehr offensichtlich mit seinem elektronischen Tierchen durch Wien gelaufen, erzählt Hammer. "Ich wurde zwar oft darauf angesprochen und manchmal wusste jemand sogar, was das ist. Aber außer auf BarCamps und Bloggertreffen habe ich nur einmal in der Straßenbahn Visitenkarten austauschen können."

Österreich, ein Zwergen-Markt?

Höchstens 200 "Early Adopters" in Österreich hätten bereits etwa 15 Euro in eines der Poken-Modelle investiert. Ob und vor allen Dingen wann sich die modernen Visitenkarten in Österreich durchsetzen werden, darüber scheiden sich die Geister.

Dass Österreich im Gegensatz zu Deutschland ein lächerlicher Markt sei, will Offenbacher nicht gelten lassen: "Die heimische Blogosphäre und die Social-Media-Szene wachsen täglich. Bei Facebook sind 'wir' mit einer Million Nutzern im Verhältnis ganz vorne dabei. Wir sind eben nur acht Millionen Leute", gibt er zu bedenken.

In Deutschland gäbe es viel größere Konferenzen, in weitaus kürzeren Abständen, argumentiert Hammer. "Da kommen zu einem BarCamp mehrere tausend Leute, wenn in Wien vielleicht ein paar hundert Besucher da sind." Doch auch hier sei ein Aufwärtstrend zu verzeichnen – das Potenzial für Poken sei jedenfalls gegeben.

Business-Poken nicht mehr so kindisch

Noch haben die kleinen Gadgets und auch das Konzept dahinter allerdings einige Kinderkrankheiten: Besonders die Verwaltung über die Poken-Website sei noch nicht optimal – der Schweizer Hersteller Poken S.A. arbeitet jedoch bereits an einer Programmierschnittstelle mit Facebook.

Und weil die Poken der ersten Generation als "zu kindisch" bemängelt wurden, kam nun vor kurzem auch der weitaus schlichtere Business-Poken auf den Markt. Der ist nicht mehr auf 64 Kontakte beschränkt und fungiert mit seinen zwei Gigabyte Flash-Speicher auch als USB-Stick.

Offenbacher hält davon nichts: "Das Design ist ein absoluter Fehler. Der sieht aus wie ein normaler USB-Stick. Wer spricht einen darauf schon an?" Der verspielte Charakter der Pokens sei genau das Richtige, um ins Gespräch zu kommen und mache das Tauschen der Visitenkarten zu einem Erlebnis – auch für Geschäftsmänner.

Poken als Flirthilfe?

Trotz aller Mängel glauben beide, dass das Konzept hinter Poken eine große Zukunft hat. Smartphones, mit denen man bereits jetzt digitale Visitenkarten austauschen könne, seien da keine Konkurrenz. "Ich war auf einer Konferenz und wollte meine Kontaktdaten weitergeben. Zuerst musste ich aber die passende Software herunterladen und installieren, weil die Übertragung zum anderen Gerät nicht funktionierte. Bis ich soweit war, ist mein Gesprächspartner schon wieder weitergezogen. Pokens dagegen sind einfach und schnell zu bedienen", findet Hammer.

Für die beiden Social-Media-Experten liegt das größte Potenzial der Pokens aber sowieso in der jungen Zielgruppe. Offenbacher ortet genau da Verbesserungsbedarf in der Marketing-Strategie: "Damit sollte man ganz gezielt in Schulen oder Unis gehen. Da sitzen hunderte Leute in der Vorlesung, die sich kennenlernen wollen und ihre unzähligen Profile austauschen – aber keine Visitenkarten dabei haben. Wo wäre ein Poken sinnvoller als dort?" Außerdem seien die Jungen nicht nur schnell von solchen Dingen zu begeistern – sie würden auch nur allzu gerne darüber reden.

Der Hersteller geht offensichtlich vorerst beide Märkte an – geschäftlich und privat. "Sie dürften durchaus auch an den Flirtfaktor beim Poken gedacht haben. Schließlich gibt es den Ghost-Modus", sagt Offenbacher und grinst. Drückt man zweimal auf seinen Poken, wird nämlich nur eine leere Visitenkarte weitergegeben. Was der Gesprächspartner dann enttäuscht feststellen muss, wenn er die Kontakte in sein Poken-Profil lädt. "Früher hat man halt einfach eine falsche Nummer angegeben", meint Hammer. Das war einmal. (Rebeccca Sandbichler/derStandard.at, 30.09.2009)