Die Kopflaus ist ein flügelloses Insekt, dass nur durch unmittelbaren Kopfkontakt übertragen wird.

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Andrea M: "Die Direktion unserer Volksschule verlangt bei Kopflausbefall der Schüler eine ärztliche Bestätigung, die Laus- und Nissenfreiheit garantiert. Ohne Vorlage dieses Attests ist es den Kindern untersagt, die Schule zu besuchen. Läuse und Nissen sind winzig klein, wie kann der Arzt da sicher sein, dass die Haare vollkommen frei sind von den Parasiten?

Eine berechtigte Frage, die allerdings einer kleinen Ausholung bedarf. "In Österreich allein gibt es neun verschiedene Leitlinien, wie bei Läusealarm vorzugehen ist", so Herbert Auer, Leiter der Abteilung für Medizinische Parasitologie an der Medizinischen Universität in Wien. Diese Dissonanz unter Experten verunsichert Eltern und Lehrer gleichermaßen. Das Thema Kopfläuse ist zwar omnipräsent, trotzdem erzeugen die kleinen Biester vorderhand Gefühle von Ekel und Scham. Neben Vorurteilen kursieren eine Reihe von Gerüchten rund um die kleinen Parasiten. Mitunter fühlen sich Betroffene sogar zu den seltsamsten Reaktionen bemüßigt, wie dem völligen Abrasieren des eigenen Haupthaars. Die Konsequenz die zahlreiche Kindergärten und Volksschulen aus dem Sammelsurium an Informationen ziehen: Sie verlangen ärztliche Atteste, die sowohl Laus- als auch Nissenfreiheit bestätigen.

Laus oder Nisse?

Michael Forßbohm, Leiter der Abteilung für Infektionsschutz vom Gesundheitsamt in Wiesbaden betrachtet diese Forderung als sinnlos und wähnt folgende Fehlinformation dahinter: "Es gibt einen Unterschied zwischen Hülle und Inhalt. Den kennen leider auch viele Ärzte nicht". Laus oder Nisse? Darum geht es. Die Nisse, so Forßbohm, ist nur ein Residuum, eine leere Chitinhülle, ohne jeglichen Lauslarveninhalt. Läuse legen ihre Eier konsequent ein bis zwei Millimeter über dem Haarboden ab. Alles was sich darüber hinaus auf den Haaren klebt, darf somit bedenkenlos ignoriert werden. Der Wiener Parasitologe schließt sich dieser Tatsache an. Die Forderung nach Nissenfreiheit hält er für überflüssig.

Der Begriff Nisse sorgt jedoch nicht ohne Grund für Verwirrung, denn auch das Ei einer Laus wird vielfach als Nisse bezeichnet. Ob mit Larveninhalt oder ohne, lässt sich jedoch mit dem erwähnten Abstand zur Haarwurzel kinderleicht eruieren. Den Beweis liefern die kleinen Nymphen, die innerhalb einer Woche nach Ablage aus den Eiern schlüpfen, und das menschliche Kopfhaar, das monatlich gerade mal einen Zentimeter wächst. Sind die Nissen weiter als sechs bis sieben Millimeter vom Haaransatz entfernt, dann ist die Nisse leer und damit auch nicht mehr infektiös.

Läuseshampoo und Lauskamm

Verglichen mit der Nisse ist die makroskopische Betrachtung der Laus zumindest eine eindeutige Angelegenheit. Die erwachsene Kopflaus ist zwei bis drei Millimeter groß, hat keine Flügel und ist als solche leicht zu identifizieren. Der Grazer Parasitologe Franz Rheinthaler hält es durchaus für möglich, dass bei sorgfältiger Untersuchung der Befall mit Kopfläusen gänzlich ausgeschlossen werden kann. Eine ärztliche Bestätigung würde er allerdings nur bei wiederholtem Befall einer Klasse einfordern. Meist steckt dahinter allerdings keine neue Lausquelle, sondern der Rückfall eines inadäquat behandelten Schülers.

Ein Rückfall, der sich als unnötig erweist, denn: Nichts ist einfacher als Kopfläuse wieder loszuwerden, wenn man sich an ein paar Regeln hält. Das systematische Auskämmen der Haare in Kombination mit todbringender Chemie macht den kleinen Biestern problemlos den Garaus. Vorrausgesetzt das Läuseshampoo landet nicht im klitschnassen Haar und verliert deshalb verdünnungsbedingt seine Wirkung; die Einwirkungszeit von mindestens 45 Minuten wird eingehalten und die nachschlüpfende Brut acht Tage später noch einmal behandelt.

Behandlung bestätigen

Das ärztliche Attest erübrigt sich nach dieser Prozedur. Darüber sind sich Auer und Rheinthaler einig. Auers Vorschlag zur Güte: "Die Eltern sollen selbst schriftlich bestätigen eine Behandlung mit diesem oder jenem Medikament durchgeführt zu haben und diese ihren Kindern mit in die Schule geben".

Läuse vernichten ist einfach. Lausbefall erkennen dagegen schon etwas schwerer. Mit bloßem Ansehen der Haare ist es jedenfalls nicht getan. Zum Auffinden der Läuse eignet sich am besten der Metall-Läusekamm, der von der Kopfhaut weg bis zur Spitze durch sämtliche Haare gezogen wird. "Wenn man um die Schultern ein weißes Handtuch legt, dann sind herunterfallende Läuse noch leichter zu erkennen", so Auer. Wenn es denn aber zur unerfreulichen Tatsache wird, dass sich zwischen den Haaren schon Läuse tummeln, dann heißt es Ruhe bewahren. „Läuse werden fast ausschließlich durch direkten Kopfkontakt übertragen, sind sehr bald inaktiv und sterben sobald sie den menschlichen Körper verlassen", findet Auer beruhigende letzte Worte. Diese Abhängigkeit vom Menschen macht Übertragungen mit Mützen und Kuscheltieren zur Ausnahme und das Einfrieren von Kuscheltieren zu einer sinnlosen Aktion. Drei Tage aus dem Verkehr gezogen, überlebt auch die letzte Laus im Plüschbären nicht. (Regina Philipp, derStandard.at, 01.10.2009)