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Die Grippe-Pandemie zwischen 1918 und 1920 forderte weltweit mindestens 25 Millionen Opfer, manche Forscher gehen sogar von bis zu 50 Millionen Toten aus.

Foto: AP/National Museum of Health

Burlingame - Die als Spanische Grippe bekannte verheerende Grippepandemie von 1918 bis 1920, die weltweit mindestens 25 Millionen Menschen das Leben kostete, wurde durch den Missbrauch von Aspirin wahrscheinlich noch verschlimmert. Zu diesem Schluss kommen US-amerikanische Mediziner in der Zeitschrift Clinical Infectious Diseases.

Die Folgen der damals unsachgemäßen und unkritischen Verwendung des Wirkstoffes sollten auch für die aktuelle Grippebehandlung Anstoß zur kritischen Selbstreflexion bieten, so die Forderung der Internistin und Forschungsleiterin Karen Starko.

Toxische Wirkung

Mehrere Studien konnten bereits zeigen, dass die Einnahme von Überdosen Aspirin bei der Pandemie am Ende des ersten Weltkriegs in manchen Fällen zu einer toxischen Wirkung geführt habe und gefährliche Flüssigkeiten in der Lunge entstehen ließ. Dadurch hätten sich die Grippesymptome in ihrer Häufigkeit und Deutlichkeit sowie bakterielle Infektionen und die Sterblichkeit der Spanischen Grippe nur noch verschlimmert.

Zusätzlich würden laut Starko heutige Erkenntnisse über die giftige Wirkung von Aspirin mit Autopsie-Berichten von 1918 übereinstimmen. Auch hier sei dieses als Todesursache feststellbar, als Nebenfaktor zu der ohnehin zu erwartenden Wirkung der Grippeviren.

"Etwas tun wollen"

Starkos Analyse zufolge empfahlen viele Ärzte in der Grippewelle von 1918 den Gebrauch von Aspirin, obwohl sie weder über die Dosis noch über die pharmakologische Wirkungsweise des Wirkstoffes genau im Klaren gewesen seien. Zentrales Motiv der Mediziner sei damals gewesen, "etwas tun zu wollen", auch angesichts des großen Drucks seitens der Angehörigen der Erkrankten und der Gesundheitsinstitutionen, die in ihrer Verzweiflung große Hoffnung in dieses Medikament legten. Entgegengekommen sei dies der starken Bewerbung von Seiten der Pharmaindustrie.

"Es ist wichtig, diese natürlichen Belastungsfaktoren zu verstehen und zu berücksichtigen, wenn man Behandlungsoptionen der Zukunft überlegt", so die US-Medizinerin. Die Medizin könne die Gesundheit verbessern oder auch Leben retten. Notwendig sei es jedoch nach wie vor, die Bedeutung der Dosis eines Medikaments, das Verhältnis seiner Vorteile und Risiken sowie auch die Grenzen bisheriger Erforschung nicht aus dem Auge zu verlieren. (red/pte)