Platz 23 von 182 Staaten klingt nicht so schlecht. Beim geschlechterbezogenen Index zur menschlichen Entwicklung (GDI) liegt Österreich zwischen Hongkong und Slowenien. Der GDI zeigt, wie sich die menschliche Entwicklung (Bildung, Lebenserwartung, Alphabetisierung und Einkommen) auf die Geschlechter auswirkt. Setzt man die beiden Werte aber in Beziehung zueinander, liegt Österreich auf Platz 132 zwischen Kuwait und Äthiopien. Denn angesichts der Tatsache, wie gut entwickelt unser Land ist (Platz 14), steht es um die Geschlechtergerechtigkeit miserabel. Der Entwicklungsunterschied ist sogar nirgends größer.

Oder anders gesagt: Angesichts des Reichtums in Österreich haben Frauen hierzulande wenig Geld zur Verfügung. Und zwar maßgeblich weniger als Männer. Sie verdienen hier laut UN-Schätzungen nur 40 Prozent von dem, was die Männer im Durchschnitt bekommen. Das hat nicht nur mit ungerechten Löhnen, sondern auch damit zu tun, dass wenig Frauen im Arbeitsmarkt sind, und liegt natürlich auch daran, dass Frauen in Spitzen- und damit Spitzenverdienstjobs rar sind. Dem UN-Report zufolge liegt der Anteil der österreichischen Frauen in der Gesetzgebung, auf hohen Beamten- und Managerposten nur bei 27 Prozent.

Die gesamtgesellschaftlichen Risiken und Erfolge sind also zuungunsten der Frauen verteilt. Wir wissen das. Wir wissen das seit langem. Trotzdem fehlt ein Gleichstellungskonzept, das die konservativen Strukturen aufbricht, um zunächst in den wichtigsten Entscheidungsgremien ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis zu erzielen. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD - Printausgabe, 6.10.2010)