Der OGH hat die mehrheitliche Besetzung von Stiftungsbeiräten mit Begünstigten für unzulässig erklärt. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen für bestehende Privatstiftungen haben.

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Einem Stifter steht es grundsätzlich frei, zur Schaffung einer effizienten Organisation neben den zwingend vorgesehenen Stiftungsvorstand und Stiftungsprüfer weitere Organe einzurichten. In der Praxis hat er häufig den Wunsch, Familienmitgliedern, insbesondere nach seinem Tod, als Begünstigten Einfluss auf die Verwaltung der Privatstiftung und Kontrollrechte gegenüber dem Stiftungsvorstand einzuräumen. Dies kann durch Einrichtung eines Begünstigtenbeirats erreicht werden, dem die vom Stifter vorgesehenen Einflussmöglichkeiten auf Willensbildung, Leitung und Überwachung des Vorstandes zukommen. Beiräten kann auch das Recht auf Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstands aus wichtigem Grund eingeräumt werden.

Um die Frage der personellen Besetzung dieser Beiräte hat sich in den letzten Jahren eine heftige Kontroverse entzündet. Im Zentrum steht die Frage, ob der Beirat mehrheitlich mit Begünstigten besetzt sein darf oder - analog zu der Besetzung des unter bestimmten Voraussetzungen als Organ der Privatstiftung zu bestellenden Aufsichtsrates - die Unvereinbarkeitsbestimmung des § 23 Abs 2 Satz 2 Privatstiftungsgesetz zur Anwendung kommt.

Die herrschende Lehre geht von der Zulässigkeit der Besetzung des Beirats überwiegend mit Begünstigten aus, auch wenn der Beirat aufsichtsratsähnliche Befugnisse, wie umfassende Zustimmungs- und Informationsrechte sowie das Recht auf Bestellung und Abberufung des Vorstands hat. Dies stand bislang auch nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, der dies explizit nur dann ablehnte, wenn das Abberufungsrecht nicht auf wichtige Gründe eingeschränkt war.

Weitreichende Kompetenzen

Die nun vorliegende Entscheidung des OGH (6 Ob 42/09h vom 5.8.2009, der Standard berichtete) spricht aber eine andere Sprache: Der OGH verneint die Zulässigkeit der mehrheitlichen Besetzung eines Beirats mit Begünstigten, wenn dem Organ die Bestellungs- und auf wichtige Gründe eingeschränkte Abberufungskompetenz in Bezug auf den Stiftungsvorstand zukommt. Begründet wird dies damit, dass dem Beirat im Anlassfall dann weitreichende, über bloße Kontroll- und Beratungsrechte hinausgehende Kompetenzen zukommen.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Kompetenz zur Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstands nicht den Begünstigten zukommen darf. Die Begünstigten dürfen grundsätzlich nicht die Mehrheit im Beirat stellen, wenn diesem weitreichende Kontroll- und Einflussmöglichkeiten zustehen.

Für bestehende Stiftungen macht diese Entwicklung eine Anpassung der Organstruktur und der Begünstigtenrechte erforderlich. So ist für Begünstigtenbeiräte eine Besetzung mehrheitlich mit Stiftungsfremden, die von den Begünstigten nach festzulegendem Prozedere zu bestellen sind, vorzusehen, wenn dem Beirat weitreichende Zustimmungs-, Weisungs- und Vetorechte, wie sie sich in vielen Stiftungsurkunden finden, zustehen. Soll ein Begünstigtenbeirat ausschließlich mit Begünstigten besetzt werden, so sind seine Kompetenzen hingegen auf Kontroll- und nur sehr eingeschränkte Weisungsrechte zu beschränken. Das Recht auf Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstands darf ihm nicht (auch nicht eingeschränkt auf wichtige Gründe) zukommen.

Darüber hinaus lässt die aktuelle Entscheidung aber auch den Schluss zu, dass selbst ein Stifter, der auch Begünstigter ist, sich nicht das Recht auf Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstands vorbehalten darf, auch wenn dieses auf wichtige Gründe eingeschränkt ist. Dieses Recht wurde in der Lehre (und Firmenbuchpraxis) bisher für zulässig erachtet, sofern es nicht mit zu kurzen Funktionsperioden (mindestens ein Jahr) des Stiftungsvorstands gekoppelt wurde. Das erscheint angesichts der aktuellen Judikatur aber fraglich, eine Klarstellung ist dringend geboten.

Gerade die Auswahl des Stiftungsvorstands und die Möglichkeit, diesen aus wichtigem Grund rasch und ohne gerichtliches Verfahren abberufen zu können, war und ist für viele Stifter ein wesentliches Kriterium bei der Entscheidung, eine Stiftung zu errichten. Nimmt man den Stiftern - an den Bedürfnissen der Praxis vorbei - dieses Recht, wird die Stiftung an Attraktivität verlieren. (Katharina Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.10.2009)