Schuld sind immer die anderen. Die italienische Staatsbahn Trenitalia streicht einen Zug nach Tarvis, also werden ÖBB-Fahrgäste künftig in Klagenfurt aus dem Zug gescheucht, um sie mit dem Bus weiter nach Venedig zu karren. Nach Marburg fahren drei Züge weniger, weil die böse slowenische Staatsbahn bei Verbindungen spart. Auf der Westbahn verkehren ab Dezember um 25 Züge weniger, weil es sich leider, leider mit den Baustellen nicht anders ausgeht. Und zwischen Graz und Linz fährt die ÖBB künftig sowieso nur, wenn die Bundesländer Geld herausrücken.

Die Kreativität der ÖBB bei professioneller Fahrgastvertreibung scheint unerschöpflich. Und sie wird in den nächsten Jahren noch wuchern, denn an den Ursachen der Misere wird nichts geändert. Die Politiker verwechseln Verkehrs- mit Baupolitik und verordnen Milliarden-Bahnhofs- und -Tunnelprojekte. Die willfährigen Bahn-Manager lassen die Landschaft zubetonieren, auf dass das Geld nicht einmal für notwendige technische Investitionen in Stellwerke und Sicherheit reicht. Und weil sie ja so brav und sparsam sind, verfrachten sie Güter auf Lkws und Fahrgäste in Autobusse.

Mit Verlaub, perverser geht es kaum. Österreichs größter Konzern produziert konsequent am Markt vorbei und verlangt trotzdem ständig mehr Geld. Vielleicht sollte man die ÖBB mit ihren 14 Milliarden Euro Schulden gleich an Frächter und Busunternehmen verschenken. Das wäre wenigstens konsequent: Denn ihnen schanzen Politik und ÖBB-Chefs ohnehin laufend lukrative Geschäftsbereiche zu. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.10.2009)