Wien - "Ich gratuliere zum Gelingen der Ausstellung Ende der Geschichte oder Beginn der Zukunft", schreibt Heinz Fischer, der Bundespräsident der Republik Österreich, als Auftakt zum ersten von insgesamt zwei Grußwörtern zu einer Ausstellung in der Kunsthalle Wien, die dann noch von zwei Vorwörtern eingeleitet und mit einer Einführung von Direktor Gerald Matt endlich der Anschauung übergeben wird. In einem Katalog, der zwecks Offenlegung der Zusammenhänge kein Cover über die Fadenheftung stülpt, sondern so ehr- wie anschaulich zugibt, dass auch er gebunden ist.
Um nicht nur im Katalog, sondern auch vor Ort sicherzugehen, dass vor allem auch der junge Mensch versteht, worum es geht, hat Professor Oliver Rathkolb eine Paravent-Situation geschaffen, welche im Foyer der Winterreithalle im Museumsquartier erklärt, was eigentlich passiert ist, als und ehe eine eben erst gesetzte Mauer einer Bewegung zum Opfer fiel, die so international war, dass keiner aufmerksam genug den dem Fall vorauseilenden Signalen lauschen mochte.
Und was war dann der Erfolg dieser das Jahrhundert prägenden Zur-Fall-Bringung? Was bitte haben wir davon, den Kalten Krieg abgestellt und das mit den gefährlichen Atomwaffen den stets gefährlichen Asiaten untergeschoben zu haben? Kaum ein Haupt- oder gar Mittelschüler mehr kennt Boris Jelzin, keiner, der sich heute auf dem Karriereweg befindlichen Freunde der populären Opposition, die sich gerne auf das zwölfmalige Blutvergießen am Isonzo berufen, weiß mehr, was 1989 wirklich geschah!
Zum Beispiel fiel parallel zur Mauer auch die Schauspielerin Natascha Bonnermann frech durch die Aufnahmeprüfung am Wiener Reinhardt-Seminar, nur um nachher in der Lindenstraße den jungen Hausmeister zu vernaschen und anschließend Pan Am zu übernehmen. Oder las jedermann die Schriften des Soziologen Richard Sennett, ohne dass sich dadurch auch nur irgendetwas geändert hätte. Und gerade deswegen ist es enorm wichtig, dass diese Ausstellung auch gelungen ist. Undenkbar, sie wäre es nicht.
Weil sie aber von Anfang an als gelungen galt, haben viele Künstler und Künstlerinnen und Künstlerpärchen mitgemacht: Stellvertretend muss man Komar & Melamid erwähnen, aber auch Ilja & Emilia Kabakov und sicher auch Stermann & Grissemann, die auch "gesellschaftliche Konventionen infrage stellen und subtil untergraben", wohingegen Johannes Hammel "das Verhältnis von Mensch, Umraum und Aktion befragt", was natürlich sofort diverse "Fragen nach den Formen der Selbstbeherrschung" aufwirft. Egal.
Anna Jermolaewas Humor trifft direkt ins Schwarze. Der Erwin Wurms auch. Und also zeigt sich: Vieles an den Ereignissen rund um 1989, das Jahr, in dem sie kurz den Kontakt untereinander aufgaben, wirft immer noch Fragen auf. Jedenfalls aber gab es Sex im ehemaligen Osten. (Markus Mittringer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.10.2009)