§ 5 (2) Sicherheitspolizeigesetzes (SPG): Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben alle Menschen, bei denen dies dem üblichen Umgang entspricht oder die es verlangen, mit „Sie'' anzusprechen.

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Wien - "Können Sie sich überhaupt ausweisen?" Ein Satz, den man von der heimischen Polizei des öfteren hört. Allerdings besteht für österreichische Staatsbürger keine allgemeine Ausweispflicht. Soll heißen, generell muss man sich nicht ausweisen können; man muss nicht in ständiger Erwartung einer möglichen Kontrolle einen Lichtbildausweis griffbereit haben. Die Polizei darf lediglich mutmaßliche Täter bei Verdacht auf eine strafbare Handlung kontrollieren, oder mögliche Zeugen einer solchen. Anders verhält es sich in Bezug auf Nichtstaatsbürger: Sie sind laut Fremdenpolizeigesetz dazu verpflichtet, sich jederzeit ausweisen zu können.

Hinzuziehen einer Vetrauensperson

Dass viele die Polizei weniger als Freund und Helfer, denn als potentiellen Feind wahrnehmen, liegt nicht zuletzt an mangelndem Wissen über die eigenen Rechte und Pflichten. So hat beispielsweise jeder, der Ziel einer so genannten "Beamtshandlung" wird, nicht nur das Recht, den Grund dafür zu erfahren, sondern auch eine Vertrauensperson hinzuzuziehen.

Das könnte in der Praxis so aussehen: Beim Schwarzfahren erwischt und keinen Ausweis dabei. Es kommt zu einer Diskussion mit den Beamten, die Stimmung ist gespannt, man fühlt sich angegriffen - und bittet einen Passanten kurzfristig als Vertrauensperson die Sache zu beobachten. "Eigentlich profitieren sowohl Polizei, als auch Beamtshandelter vom Hinzuziehen einer Vertrauensperson", sagt Stefan Radinger, juristischer Berater der ZARA-Beratungsstelle für Opfer und ZeugInnen von Rassismus während eines Seminars über Befugnisse der Polizei an der Volkshochschule Brigittenau. "Beide Seiten sind dadurch gezwungen, sich korrekt zu verhalten." Die Vertrauensperson dürfe nicht weiter als maximal fünf Meter weggewiesen werden (falls sie andernfalls die Amtshandlung stört) und habe, wie auch der Beamtshandelte selbst, das Recht, die Dienstnummer des handelnden Beamten zu erfahren. In der Praxis zieren sich manche Beamte, ihre Dienstnummern zu nennen. "Es wäre einfacher, wenn diese sichtbar an der Uniform angebracht wären", sagt Radinger.

Die Polizei auf Hausbesuch

Das Durchsuchen von Räumen und Fahrzeugen ist der Exekutive nur bei "Gefahr im Verzug" ohne richterlichem Durchsuchungsbefehl erlaubt, also bei Fluchtgefahr oder dem begründeten Verdacht, es könnten Beweismittel vernichtet werden. Ansonsten muss der Durchsuchungsbefehl eine exakte Auflistung dessen enthalten, was zu finden erhofft wird. Bei einer Hausdurchsuchung muss außerdem ein Zeuge anwesend sein.

Rechte nach Festnahme

Ist es zu einer Festnahme gekommen, hat der Verdächtige das Recht, spätestens auf der Polizeistation Haftgrund und Tatverdacht in einer, ihm verständlichen Sprache zu erfahren. Ebenso darf er eine Vertrauensperson oder einen Anwalt anrufen. Bei der folgenden Einvernahme gilt das "Entschlagungsrecht", sprich, es ist möglich, die Aussage zu verweigern, was allerdings in einer U-Haft-Zelle enden kann. Während des Verhörs müssen Pausen gemacht werden; auch Trinken und der Gang auf die Toilette sind erlaubt. Polizeigewahrsam zur Identitätsfeststellung ist nur über eine Dauer von maximal 48 Stunden zulässig.

Verwahrungshaft ist ohne richterliche Bewilligung nur möglich, wenn man auf frischer Tat ertappt wird, oder aber bei Gefahr im Verzug, soll heißen bei Flucht-, Verdunklungs-, oder Tatbegehungsgefahr. Sie darf maximal vier Tage dauern. "Die Zeitspannen sind deshalb so großzügig bemessen, weil die Paragrafen noch aus einer Zeit stammen, als Gefangene mit Kutschen transportiert wurden", sagt Radinger. "Und geändert wurden sie wohl deshalb nicht, weil sie der Exekutive entgegenkommen."

Beschwerden bitte später

Grundsätzlich gilt: Beschwerden sind möglich, wenn Exekutivbeamte gegen die so genannte Richtlinienverordnung verstoßen haben. Etwa wenn die Menschenwürde aufgrund des Geschlechts, der Herkunft, der Religion, politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung missachtet wurde. Auch die Durchsuchung des Körpers durch einen Beamten des anderen Geschlechts gilt als Grund für eine Beschwerde, ebenso wie das oft und gerne gebräuchliche Duzen.

Eine Beschwerde muss innerhalb von sechs Wochen bei einem Unabhängigen Verwaltungssenat (Anm.: einer weisungsfreien Verwaltungsbehörde der Länder zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung) erfolgen. Der Haken an der Sache: Es kann den Beschwerdeführer zwischen 400 und 800 Euro kosten. Einfacher, aber auch weniger wirkungsvoll ist es, an den Beschwerdebeamten der Bundespolizeidirektion zu schreiben. "Die Folge können Disziplinarmaßnahmen für den Beamten sein", sagt Radinger, "oder ein Klaglosstellungsgespräch, bei dem sich die Betroffenen an einen Tisch setzen und sich die Sache ausreden." (bock, derStandard.at, 09.10.2009)