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Istanbul will internationale Künstler an den Bospurus locken.

Istanbul - Istanbul steht gegenwärtig vor einer großen kulturpolitischen Aufgabe: Die türkische Bosporus-Metropole bereitet sich darauf vor, 2010 gemeinsam mit der ungarischen Stadt Pécs und Essen (Deutschland) von Linz und Vilnius das Zepter der "europäischen Kulturhauptstadt" zu übernehmen. In zehn Bereichen will sich Istanbul präsentieren, von Museen über Musik und Oper bis zu Literatur und Kino, aber auch Tourismus sowie multidisziplinären Projekten.

Die Initiative für die Bewerbung als Kulturhauptstadt "ging von der türkischen Zivilgesellschaft aus, nicht vom Staat", wird am Sitz der für die Organisation gegründeten, nach Eigendarstellung unabhängigen Agentur betont, die im zentralen Stadtteil Beyoglu nahe dem geschäftigen Taksim-Platz liegt. Im November soll das Programm stehen, so eine Sprecherin der Abteilung für Internationale Beziehungen, die auf die Kontakte mit früheren und künftigen Kulturhauptstädten in Europa verweist, so auch zu Linz. Mit Linz ist ein Projekt über die Nicht-EU-Staaten Norwegen, Schweiz und Türkei in Planung.

Die "Kulturhauptstadt 2010" soll nach den Worten der Sprecherin "keine Veranstaltung von Eliten" werden. Istanbul bemüht sich, im kommenden Jahr internationale Künstler an den Bosporus zu locken, die mit türkischen Studenten in Workshops arbeiten und die Ergebnisse dann in verschiedenen Bezirken Istanbuls zeigen. "Leben und Arbeiten in Istanbul" heißt die Devise. Dazu sind quer durch die Stadt Kulturzentren im Entstehen - das große Ayazaga-Zentrum ist im Bau, der historische Schlachthof am Goldenen Horn wird ebenso Kulturzentrum wie die alte Rami-Kaserne.

Die Stadt Istanbul erhofft sich eine nachhaltige Wirkung von der Kulturhauptstadt und in der Folge eine Intensivierung des Kulturtourismus. Mit "Mobiler Kunst", "Bijoux Art" und "Visueller Kunst" sowie einem reichhaltigen Konzertprogramm will man an die Touristen herankommen.

Auch vorhandene Kulturgüter, mit denen das historische Konstantinopel gesegnet ist, sollen in die große Schau einbezogen werden. So werden der Topkapi-Palast (dort ist eine Lichtinstallation geplant) und die archäologischen Stätten der Hagia Sophia restauriert, desgleichen die byzantinischen Stadtmauern - gemäß den UNESCO-Vorgaben, wie in einer Broschüre versichert wird. Ein Hagia-Irene-Museum für Reliquien und Ikonen soll eröffnet werden.

Vertreter des Ökumenischen Patriarchats im Phanar in Istanbul können allerdings ihre Enttäuschung nicht verhehlen, dass die orthodoxe Glaubensgemeinschaft, die einst mit der Hagia Sophia und der Irenen-Kirche über bedeutsame kulturell-religiöse Wahrzeichen verfügte, nicht in das Kulturhauptstadt-Projekt einbezogen wurden. Das Patriarchat sei mündlich vom Präfekten informiert, der griechische Kulturverein schriftlich verständigt worden. "Sie erwarten nichts Konkretes von uns", so der Sprecher. Der Anteil der Christen in Istanbul ist bei wachsender Bevölkerung auf rund 0,5 Prozent geschrumpft, doch ihr Kulturgut von enormer Bedeutung.

Zur Realisierung der "Kulturhauptstadt 2010" standen der Agentur, die für die Durchführung des Großprojekts verantwortlich zeichnet, nach eigenen Angaben in den Jahren 2008 und 2009 240 bzw. 850 Mio. Türkische Lira (111,4 Mio. Euro bzw. 394 Mio. Euro) zur Verfügung. Das staatliche Budget für 2010 stehe noch nicht fest. (APA)