Der bissigste Kommentar kam vom "Rambo des Radios". "Die Nobel-Gang hat sich als Selbstmordattentäter in die Luft gejagt", polterte Rush Limbaugh, schwergewichtiger Moderator rechter Talkshows. Der Friedensnobelpreis für Barack Obama sei weniger wert als einer dieser Preise, wie sie Hersteller von Cornflakes alle paar Wochen unter ihren Kunden verlosen.
Auf der Gegenseite beglückwünschte Regisseur Michael Moore seine Anhänger mit dem Gruß "Fred!" (norwegisch für Friede). "Lasst auch uns feiern, was die Menschen anderswo feiern. Dass wieder ein kluger, vernünftiger Mann im Weißen Haus sitzt."
Es sind die Reaktionen eines gespaltenen Landes, für das Limbaugh und Moore nur als Pole stehen. Am Freitag, als die Osloer Juroren ihre Wahl verkündeten, war die Überraschung so groß, dass anfangs nur Sprachlosigkeit herrschte. Bald aber schälten sich klare Fronten heraus. Für die Demokraten, stolz und demütig, ist es der Lohn für die Hoffnung, die Amerika erneut symbolisiert, nach acht deprimierenden Jahren unter George W. Bush. Für Konservative vom Schlage Limbaughs, schroff und hämisch, ist es der Ritterschlag harmonieseliger Europäer für einen Präsidenten, der träumerisch die Interessen der anderen vertritt, nur nicht die der USA.
"Es ist der Preis dafür, toll zu sein", spottet Michael Steele, Parteivorsitzender der Republikaner. "Nein, er hat ihn verdient", entgegnet Zbigniew Brzezinski, einst Sicherheitsberater Jimmy Carters. "Und zugleich muss er ihn sich noch verdienen." Gewiss, Obama habe noch keinen der schwelenden Konflikte entschärft, geschweige denn gelöst. Doch allein die Image-Wende, die er in wenigen Monaten vollzog, hin zu einem besseren, idealistischeren Amerika, hält Brzezinski für eine "gewaltige Errungenschaft".
Bestätigung der Führungsrolle
Der Politologe Walter Russell Mead, einer der Renommiertesten in der akademischen Welt, sieht den Preis als Bestätigung für die Führungsrolle der USA. "Viele Leute sagen, wir rutschen ab, unser Einfluss schwindet. Aber wenn es darum geht, eine globale Agenda zu formulieren, spielt unser Präsident noch immer eine einzigartige Rolle."
In einem Punkt trifft Mead eine Einschätzung, in der sich die verfeindeten Lager treffen. Nüchtern spricht der Professor von einem Vertrauensvorschuss, einer Ehrung auf Kredit. Ob die Rechnung aufgehe, wisse man hinterher.
Mit seinen Generälen berät der Gewürdigte gerade intensiv darüber, ob die Truppen in Afghanistan aufgestockt werden müssen. Der Nobelpreis, meint Bill Clintons Berater William Galston, dürfe die Entscheidung nicht beeinflussen, "aber so einfach ist es eben nicht".
Niemand hegt denn auch nur den geringsten Zweifel daran, dass Obama die Ehrung eher als Bürde empfindet. Wie überrascht man im Weißen Haus war, weiß David Axelrod, der PR-Stratege, schön lakonisch zu schildern. "Wovon redet ihr überhaupt?", soll der Präsident gefragt haben, als man ihm die Nachricht aus Norwegen überbrachte. "Ist das ein Witz?" (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 12.10.2009)