Bild nicht mehr verfügbar.

Die Hamas machte Präsident Abbas in Gaza symbolisch den Prozess

Foto: Reuters/Mustafa

Mit einer Kehrtwende in seinem Umgang mit dem "Goldstone-Bericht" über mutmaßliche Kriegsverbrechen im Gazastreifen will Mahmud Abbas das Gesicht wahren. In einer Fernsehansprache kündigte der Palästinenserpräsident an, dass er beim UN-Menschenrechtsrat in Genf nun doch eine Debatte und Abstimmung über den Bericht beantragen lassen werde. Erst zehn Tage zuvor hatte Abbas, anscheinend unter dem Druck der USA, einen Aufschub bis März hingenommen.

Seine Glaubwürdigkeit dürfte Abbas aber nicht so leicht wiederherstellen können. Die islamistische Hamas hat den Rivalen Abbas zuletzt systematisch als "Verräter" und als Marionette der Amerikaner und Israelis verunglimpft. Der "Goldstone-Bericht" sei "eine Gelegenheit, Israel schuldig zu sprechen" , wetterte Hamas-Chef Khaled Maschal am Sonntag abermals gegen Abbas: "Wenn es um das Blutvergießen in Gaza geht, können wir uns nicht mehr auf euch verlassen." Dabei hatte die Hamas den "Goldstone-Bericht" ursprünglich selbst zurückgewiesen, weil er nicht nur Israel, sondern auch palästinensischen Gruppen Kriegsverbrechen vorwirft.

Abbas schießt auf die Hamas zurück und wirft ihr vor, bloß einen Vorwand zu suchen, um im Gazastreifen an der Macht zu bleiben: Diese Propagandakampagne hat ihre wahren Ziele bloßgelegt" , sagte Abbas, "nämlich der Unterzeichnung des Abkommen über die nationale Versöhnung auszuweichen, um die Fortsetzung der Spaltung in der Heimat und im Volk zu garantieren." Die verfeindeten Gruppen Fatah und Hamas sollten am 25. Oktober in Kairo eine Vereinbarung über die Teilung der Macht und die Abhaltung von Neuwahlen unterzeichnen, doch die Hamas hat den Termin platzen lassen, weil man Abbas "jetzt nicht die Hand drücken kann".

Unter diesen Umständen war es für George Mitchell unmöglich, irgendetwas zu bewegen. Der US-Vermittler ist am Sonntag nach zahlreichen Gesprächen in Jerusalem und Ramallah sang- und klanglos abgereist. Die Amerikaner haben inzwischen einsehen müssen, dass ihre ursprüngliche Forderung nach einem totalen israelischen Siedlungsstopp unrealistisch ist. Der ramponierte Abbas kann aber nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn die Bedingung nicht erfüllt wird. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 13.10.2009)