Zwei Frauen, die zu jenem Achtel von Erkrankten gehören, geben in dem Film Einblicke in ihren Alltag.

Copyright Derflinger / Figl

Wien - "Eine von acht Frauen erkrankt in Österreich im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs." Eine von 8 heißt auch jener aktuelle österreichische Dokumentarfilm, der diesem nüchternen statistischen Befund ganz konkrete Geschichten entgegen hält. Zwei Frauen, die zu jenem Achtel von Erkrankten gehören, geben Einblicke in ihren Alltag. Die Filmemacherin Sabine Derflinger (u. a. Schnelles Geld, Kleine Schwester) zeichnet zwar als Regisseurin - und als wichtiges Gegenüber - verantwortlich. Aber zu einem wesentlichen Teil ist das Bild- und Tonmaterial auch in Eigenregie der beiden Protagonistinnen entstanden: Marijana Gavric und Frederike von Stechow führten jede ein Video-Tagebuch. Beide hatten eine kleine Digi-Cam und steuerten damit gedrehte Passagen zum Film bei.

Das Resultat sind sehr persönliche Nahaufnahmen vom Leben mit der Krankheit und deren Behandlung, welche bei weitem nicht nur physische Nebenwirkungen begleiten - wie die Schlafstörungen, die Stechow um zwei Uhr morgens durch ihre Wohnung wandern lassen. Dafür ist das Kortison verantwortlich, aber die Ursachen der Erkrankung könnten womöglich auch in früheren Verhaltensweisen begründet sein: "Hab ich mich falsch ernährt? Oder liegt es an Tschernobyl?"

Kreative Umgangsformen

Es gilt fortwährend, die eigene Haltung zur Krankheit mit medizinischen Diagnosen abzugleichen. Oder abgesehen von der kreativen Verhüllung der von der Chemotherapie kahlen Köpfe auch neue Umgangsformen zu entwickeln - in Bezug auf (gut gemeinte) Ratschläge ebenso wie in Bezug auf die eigene Angst und auf die Ängste der anderen: "Man möchte ja wie alle gesund, jung, schlank, dynamisch, braungebrannt sein."

Frederike von Stechow, als Darstellerin am Grazer Schauspielhaus engagiert, fürchtet, dass ihre Berufsausübung aufgrund der Verringerung der Gedächtnisleistung gefährdet sein könnte. Ihr Arzt kann ihr auch in diesem Fall nicht die erhoffte eindeutige Antwort auf ihre Fragen und ihre Bedenken geben. Marijana Gavric ist Straßenbahnfahrerin bei den Grazer Verkehrsbetrieben. Wie für Stechow, mit der sie sich während der Behandlung angefreundet hat, ist auch für sie die Arbeit eine "wichtige Ablenkung" und ein äußerer Beleg für die Rückkehr in die Normalität. Der erste Arbeitstag nach krankheitsbedingter Pause ist "wie verliebt sein ... es ist, als hätte es das gar nie gegeben, die Krankheit".

Frederike von Stechow war ursprünglich an Derflinger herangetreten, weil sie, wie Letztere schreibt, "keinen Sinn in der Krankheit sah, sondern der Film der Sinn war, den sie der Krankheit geben wollte". Die Zeilen stehen - und das ist, wenn man den Film gesehen und die um ihre Genesung kämpfende Protagonistin ein wenig kennengelernt hat, umso bestürzender - im Nachruf auf die Schauspielerin: Am 16. Juli 2009 ist Frederike von Stechow, erst 41-jährig, am Krebs gestorben. (Isabella Reicher, DER STANDARD/Printausgabe 13.10.2009)