Eine besondere Form des Handauflegens - das ist Reiki im Wesentlichen. In Österreich ist die aus Japan stammende Methode zur Harmonisierung der Lebensenergie als komplementär-medizinische Therapie allerdings nicht anerkannt. "Reiki erhebt keinen Anspruch auf medizinische Heilung und kann keinen Arztbesuch ersetzen", darauf weist auch die Wiener Reiki-Therapeutin Erna Janisch ganz klar hin. Vielmehr soll der Energiefluss im Körper gefördert, eine Entspannung erreicht und in weiterer Folge die Selbstheilungskräfte aktiviert werden.
Reiki ist als Begleitmaßnahme für Menschen gedacht, die in ärztlicher Behandlung stehen oder Entspannung suchen. Janisch leitet die Shambhala Reiki Schule in Wien und ist Vorsitzende des neu gegründeten Österreichischen Berufsverbands der Diplomierten Reiki-Therapeuten (ÖBRT). Als Heilerin will sie sich selbst nicht bezeichnen. Damit begegnet sie überzogenen Erwartungen von Klienten, denn Wunder kann Reiki nicht bewirken. Zu ihr kommen Menschen um Entspannen, Energie aufladen, aber auch mit gesundheitlichen Problemen wie Rückenschmerzen, Verdauungsstörungen oder depressiven Verstimmungen.
Messbare Energiefelder
Bei einer Reiki-Sitzung legt der Therapeut seine Hände auf unterschiedliche Stellen am Körper des Klienten und lässt sie dort ruhig einige Minuten liegen. "Der Therapeut, dessen innere Haltung wichtig ist, leitet die universelle Lebensenergie, die uns umgibt, über die Hände zum Klienten und fungiert als Kanal", erklärt Janisch. Als "Energiemedizin" und "bio-physikalische Methode" bezeichnet Leopold Spindlberger, Arzt für Allgemeinmedizin und unter anderem auch TCM-Mediziner, Reiki: "Seit den 70er-Jahren hat man mit Methoden aus der Quantenphysik die Möglichkeit Energiefelder zu messen. Mit einem so genannten SQUID (Magnetfeldmessgerät, Anm.) kann man besonders während einer Reiki-Behandlung eine bis zu 1000-fache Energie an den Händen des Therapeuten messen." Das sei nichts Esoterisches, denn auch Organe hätten ein Energiefeld - das Herz umgibt das stärkste im menschlichen Körper.
Ausbildungsrichtlinien
Der neu gegründete Österreichische Berufsverband soll dabei helfen, den Ruf der Reiki-Therapeuten seriöser zu machen: Die Ausbildungsqualität der Reiki-Therapeuten soll erstmals auf ein einheitliches Niveau gebracht werden, denn die Ausbildungsangebote reichen in Österreich von simplen Wochenendseminaren bis hin zu mehrjährigen Kursen. "Reiki ist sicher nicht an einem Wochenende erlernbar", so Janisch. Nach dem ersten Jahr in der Shambhala Reiki Schule darf der Auszubildende Reiki nur für den Hausgebrauch ausüben. Erst nach einem weiteren zweiten Jahr kann er als Therapeut arbeiten. Bereits ausgebildete Therapeuten, die dem Berufsverband beitreten wollen, müssen sich einem Aufnahmeverfahren unterziehen: "Wir verlangen eine gewisse medizinische Grundausbildung", so Spindelberger.
Wirkung
"Reiki wirkt entspannend, ausgleichend und regenerierend, stärkt das Immunsystem, erhöht die Stresstoleranz und verbessert Schlaf und Leistungsfähigkeit", ist Janisch überzeugt. Die Art wie es zur Stärkung des Immunsystems beitragen kann, vergleicht Spindelberger mit der Traditionelle Chinesische Medizin (TCM): "Die Chinesen sehen das Abwehr-Qi als Teil des Immunsystems, das den Menschen schützt und diese Energie wird gestärkt." Physiologisch erklärt er die Vorgänge so: "Durch die Wärme der Hände weiten sich die Blutgefäße, die Muskulatur kann entspannen, mehr Sauerstoff gelangt in die Organe und der Stoffwechsel wird angeregt." Durch den zusätzlichen Effekt des Meditationszustandes, in den der Klient gelange, können sich laut dem Mediziner die Selbstheilungskräfte besser entwickeln.
Wirksamkeit
Wissenschaftliche Untersuchungen, die eine Wirkung von Reiki über einen Placeboeffekt hinaus nachweisen, existieren allerdings generell nicht. Der Shambhala Reiki Forschungskreis hat vor kurzem eine Fallstudie über die Wirksamkeit von Reiki bei chronischen Beschwerden am Bewegungsapparat im Zusammenhang mit Stress am Arbeitsplatz durchgeführt. 25 Probanden wurden vor einer Behandlung mit zehn Reiki-Sitzungen zu ihrem Schmerzempfinden befragt. Nach den Sitzungen hat die subjektive Schmerzintensität durchschnittlich um 65 Prozent abgenommen. "Die Klienten haben berichtet, dass sie mit dem Schmerz besser umgehen und besser schlafen konnten", so Spindelberger. Freilich, placebo-kontrolliert war diese Studie nicht.
Der medizinische Vorstand des ÖBRT weiß, dass es viele Vorurteile über und Kritik an Reiki gibt, er glaubt aber, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die "Energiemedizin" generell auch Eingang in die westliche Schulmedizin nehmen wird. "Fernöstliche Heilmethoden wie die TCM arbeiten ganz selbstverständlich mit Lebensenergie."
Mit Reiki ist es letztlich wie mit den meisten anderen medizinisch oder wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden: Der Patient muss wissen, dass er keine Heilung dadurch erwarten kann, sondern allenfalls eine mögliche Verbesserung und sei es durch die bloße Entspannung. (mat, derStandard.at, 14.10.2009)