Unsere Universitäten sind überfüllt, die Betreuungsverhältnisse katastrophal. Aber statt zu überlegen, wie die Lage verbessert werden kann, fordern Politiker und Journalisten scheinbar einfache Lösungen: über Studiengebühren. Österreich hat zu wenig Studierende - seit der Abschaffung der Studiengebühren werden es plötzlich viel mehr. Allein das beweist, dass Studiengebühren eine große Hürde für den Beginn eines Studiums sind.

Lisa Nimmervoll sieht in ihrem Kommentar vom 9. Oktober Studiengebühren als "Umverteilungsmaßnahme". Jene, die kein Geld haben, können ja Stipendium beziehen. Fakt ist aber, dass nur 18,1 Prozent (2007) aller Studierenden ein Stipendium erhalten und die Studiengebühren ersetzt bekommen. Nur 16 Prozent aller Studierenden müssen nicht arbeiten, der Durchschnitt der Studierenden bis 25 lebt unter dem Existenzminimum.

Richtig ist: Der freie Hochschulzugang hat zu keiner signifikant höheren Durchmischung an unseren Universitäten geführt - konnte er aber auch gar nicht. Soziale Selektion in Österreich passiert viel früher. Wie sollen die unteren sozialen Schichten es bis an die Universität schaffen, wenn sie bereits in der Hauptschule ausgesiebt werden? Nur ein Bruchteil der Hauptschüler/innen schaffen es bis zur Matura ...

Minister Hahn versucht ständig, die Verantwortung für die chronische Unterfinanzierung der Universitäten auf die Studierenden abzuschieben - und schlägt Maßnahmen gegen sie vor. Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen sind Symptombekämpfungen, die das eigentliche Problem - den akuten Geldmangel - unberührt lassen. (Sigrid Maurer/ DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2009)