EsterPower geht mit der Zeit und gibt mir als erster ein Interview via Facebook.

Es ist gar nicht so lange her, dass ich den René zum letzten Mal gesehen habe. Gerade einmal drei Wochen sind es, dass ich ihn in Melk getroffen habe. Geredet haben wir aber nicht miteinander. Erst wollte ich ihm nicht auf die Nerven gehen - René war im Grunde genauso dienstlich hier wie ich. Und als wir unsere Arbeit erledigt hatten, gab es keine Chance mehr für mich, mit dem René zu reden. René war umringt von Menschen, die ihm gratulierten, ihn abbusselten und abschnudelten. René „EsterPower" Esterbauer hat sich gerade seinen ersten Staatsmeistertitel in der Supermoto-Klasse S1 geholt. Ein Siegerinterview hätte ich nur bekommen, wenn ich mich durch eine Horde liebeshungriger junger Damen gekämpft hätte und dabei riskiert hätte, ein paar Liter Blut und das eine oder andere Auge zu verlieren.

Auf Facebook zählte EsterPower zu meinen ersten Freunden. Dank Facebook kenn ich jetzt EsterPowers zweiten Vornamen, weiß, dass sein Bus neu beklebt ist und hab selbigen auch schon gesehen. Über Facebook hat René seine Freunde zur Siegesfeier eingeladen und letzte Woche meldete er sich plötzlich, eines Abends, über den Facebook-eigenen Messenger bei mir. EsterPower sitzt gerade in einer FH-Vorlesung, die anscheinend nicht ganz so spannend ist wie seine Finalrennen. Also überbrücken wir die Zeit mit Männertratsch. Immer wieder unterbrochen durch den FH-Vortragenden plaudern wir über EsterPowers Sieg, wie er sein Winter-Training kurzweilig gestaltet und welche Rennen er nächstes Jahr fahren wird.

Nach einer Stunde hab ich mich nicht nur mit René unterhalten, nein, ich hab endlich auch mein Interview, das ich nun nicht einmal mehr niederschreiben muss. Copy&Paste reicht, ein bisserl durchputzen und fertig ist ein Interview ohne nervige Längen und fades Pseudogesülze. Den René hat Faceboook damit vielleicht ein bisserl von der Arbeit abgehalten. Mich nicht. Im Gegenteil. Facebook hat meine Arbeit gemacht. (Guido Gluschitsch)