Ein Nebensatz in einer Rede von Josef Pröll, und prompt ist Österreich mitten drin in einer langen und breiten Umverteilungsdebatte. Pröll bezweifelte die Verteilungsgerechtigkeit des bestehenden Systems und will mit einem "Transferkonto" für alle Sozialleistungen Transparenz schaffen. Leistung, so Pröll, müsse sich wieder lohnen. Die SPÖ befürchtet eine "Neiddebatte" und warnt vor einem drohenden Abbau von Sozialleistungen befürchtet. Zündstoff für die Debatte sind zwei verschiedene Sozialstudien, die ÖVP und SPÖ als Argumentationshilfe für ihre Forderungen in der Sozialpolitik dienen.

  • Die Volkspartei beruft sich auf eine Studie von Franz Prettenthaler am Grazer Joanneum.

Die Grazer Studie hat die Effekte von Steuern, Sozialabgaben und Sozialtransfers in der Steiermark am Beispiel einer Familie mit zwei Kindern jeweils mit unterschiedlichem Einkommen durchgerechnet. Bei einem Bruttohaushaltseinkommen von 950 Euro bessern die Sozialleistungen das verfügbare Monatseinkommen der Familie auf 2.570 Euro netto auf, bei einer Familie mit 1.900 brutto auf 2.990 Euro netto. Bei einem Bruttohaushaltseinkommen von 3.800 Euro bleiben dagegen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben sowie Zahlung von Transfers nur 3.190 Euro netto. Für diese Berechnung wurden die Sozialtransfers von Bund und Land berücksichtigt.

Größte Brocken: Das Kindergeld mit ab 436 Euro monatlich, die unabhängig vom Einkommen ausgezahlte Familienbeihilfe inklusive Kinderabsetzbetrag, die das Joanneum mit 344 Euro monatlich beziffert und die Wohnbeihilfe des Landes (293 Euro), die nur nur Niedrigverdiener erhalten. Außerdem fallen bei der unteren Einkommensgruppe eine Reihe von anderen Landeszuschüssen an - etwa zur Kinderkrippe oder zur Pendlerbeihilfe.

  • Die SPÖ bezieht sich auf die beim WIFO erstellte Studie "Umverteilung durch den Staat in Österreich".

Laut WIFO-Rechnung belasten die Abgaben und Steuern im Großen und Ganzen alle Einkommensschichten in Relation zu ihrem Einkommen relativ gleich, von den Transferzahlungen profitieren hingegen die unteren Einkommenschichten deutlich stärker. So hat das untere Einkommensdrittel der Nicht-Selbstständigen im Schnitt ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen von 895 brutto. Nach Abzug von durchschnittlich 315 Euro Abgaben und Zahlung von 749 Euro Transfers ergibt das im Schnitt ein Netto-Einkommen von 1.330 Euro. Beim zweiten Einkommensdrittel mit einem Brutto-Durchschnittseinkommen von 1,856 Euro bleibt nach Abgaben und Transfers (641 bzw. 544 Euro) mit 1.759 Euro etwa gleich viel übrig. Und das oberste Einkommensdrittel mit einem Pro-Kopf-Einkommen von durchschnittlich 3.635 Euro fällt nach Abgaben (1.371) und Transfers (428) auf 2.692 Euro netto zurück.

Die Transferzahlungen machen im unteren Drittel knapp 84 Prozent des Gesamteinkommens aus, im mittleren Drittel nur noch rund 29 Prozent und im oberen Drittel nur mehr 11,8 Prozent. Berücksichtigt sind darin alle Sozialleistungen mit Ausnahme von Pensionen. Fast die Hälfte der Familienleistungen (46,7 Prozent) fließen in das untere Einkommensdrittel. Auch die Gesundheitsleistungen und das Pflegegeld kommen etwas überproportional (37 Prozent) dem unteren Einkommensdrittel zu Gute, wo auch der Großteil der Pensionisten vertreten ist. Bei Beihilfen im Bildungsausbereich fließen über 75 Prozent in die unteren zwei Einkommensdrittel, auf das obere Drittel entfallen 23 Prozent. Am meisten profitiert das untere Einkommensdrittel aber von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Sozialhilfe, wo 88,3 Prozent dieser Leistungen hingehen, in das obere Einkommensdrittel nicht einmal drei Prozent.

(red, derStandard.at, 19.10.2009)

Eine Grafik, die die Umverteilung darstellt: