Montevideo - Sechs Tage vor einem Referendum in Uruguay über das Amnestiegesetz für Militärs und Polizisten für Menschenrechtsverbrechen während der Militärdiktatur (1973-1985) hat der Oberste Gerichtshof das Gesetz am Montag (Ortszeit) für verfassungswidrig erklärt. Die einstimmige ergangene Entscheidung wurde zunächst nur mit Wirkung für den Fall der 1974 von Militärs entführten, gefolterten und ermordeten Literaturstudentin Nibia Sabalsagaray getroffen.

Das Militär hatte den Angehörigen damals weismachen wollen, Sabalsagaray habe sich das Leben genommen. Insgesamt verschwanden während der Militärdiktatur etwa 120 Regimegegner. Zehntausende Uruguayer wurden zeitweise eingesperrt und viele von ihnen gefoltert.

Das 1986 auf Betreiben des damaligen konservativen Präsidenten Julio María Sanguinetti erlassene Amnestiegesetz galt in Fachkreisen von Anfang an als verfassungswidrig. Es untersagt die Verfolgung selbst schwerster Verbrechen wie Entführung, Folter, Vergewaltigung und Mord. Allerdings kann die Regierung jederzeit frei entscheiden, ob eine Straftat in den Bereich des Gesetzes fällt oder nicht. Dies gilt als Bruch der Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Judikative. (APA)