55 Prozent aller Migranten und Angehörigen ethnischer Minderheiten in der EU meinen, dass rassistische Diskriminierung in ihren Land weit verbreitet ist. Soweit das für Europa unrühmliche Ergebnis der EU-weiten Midis-Befragung, die von der in Wien angesiedelten EU-Grundrechtsagentur durchgeführt und vergangene Woche veröffentlicht worden ist.

Doch ein Midis-Teilergebnis überbietet diese Negativmessage noch: Laut dem gleichzeitig veröffentlichten Report über die Lage der Roma in den mittel- und osteuropäischen EU-Ländern gehen 69 Prozent der Angehörigen dieser Gruppe von Rassismus als gesellschaftlichen Normalzustand in ihrem Heimatland aus. Jeder fünfte Roma gab an, im vergangenen Jahr Opfer einer rassistisch motivierten kriminellen Handlung geworden zu sein. Doch – je nach Land – zwischen 65 und 100 Prozent dieser Menschen mit unmittelbarer Diskriminierungserfahrung gab an, den Übergriff nicht gemeldet zu haben

Das ist umso bedenklicher, als die Roma bereits seit Jahrhunderten in Europa leben, also Teil der europäischen Gesellschaft sind: Jahrhunderte, während derer sie immer Außenseiter geblieben sind. Nirgendwo, auch in Westeuropa nicht, ist es wirklich gelungen, das Stigma, das dem "Anderssein" dieser Minderheit anhaftet, aufzulösen. Höhepunkt der Verfolgung war die Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten, die Tausende Angehörige dieser Volksgruppe ermordet haben.

In der EU laufen eine ganze Reihe von Bemühungen, um der Diskriminierung und dem sozialen Ausschluss der Volksgruppe entgegenzuwirken. Vergangene Woche etwa tagte in Prag erstmals das "Forum zur Einbeziehung der Roma" unter Vorsitz von Vladimír Špidla, dem EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit. Bemühungen wie diese sind für ganz Europa wichtig: Wenn Mittel und Wege gefunden werden, um die Ausgrenzung der Roma zu beenden, wird der gesamte Kontinent auch einen Schritt weitergekommen sein, um sich den modernen Herausforderungen zu stellen: Den Folgen der weltweiten Mobilität und der damit verbundenen Einwanderung.

Irene.Brickner@derStandard.at