Bild nicht mehr verfügbar.

Hoffen und Bangen bei Quelle: Auch Kunden sind nervös. Reklamationen sollten rasch geltend gemacht werden. Konsumentenschützer raten bei Bestellungen zur Vorsicht.

Foto: AP/Christof Stache

Die Warenbeschaffung droht ins Stocken zu geraten, Aufträge brechen weg. Quelle hofft auf Otto als Retter, doch der ist vor allem an Spezialversendern und Osteuropa interessiert. Die Post zittert um Arbeitsplätze.

***

Wien - Quelle Österreich steht bei der Suche nach einem Investor unter enormen Zeitdruck. Es tun sich erste Probleme bei der Beschaffung von Ware aus Deutschland auf; aus Leipzig soll der Transport stocken. Bestellungen der Kunden könnten sich nahezu halbieren. In Deutschland ist das Geschäft seit Eröffnung der Insolvenz um die Hälfte eingebrochen, sagen Konzernkenner.

Kunden, die heute ordern, erhalten ihre Waren. Ob das auch für die kommenden Tage gilt, ließe sich jedoch nicht seriös beantworten, sagt ein Sprecher des Konzerns in Ös- terreich. Die deutsche Mutter wird im November liquidiert. Ob damit die für Österreich überlebenswichtigen Prozesse gekappt werden, ist offen - die Verhandlungen laufen.

In der Linzer Zentrale hofft die Belegschaft auf die Otto-Gruppe als Retter, von weiteren Interessenten ist die Rede. In der Branche mehren sich aber die Zweifel an einem Partner für Österreich. Die Risiken bei einer Übernahme seien hoch - und bis zu 50 Mio. Euro schwer.

Ein Stolperstein sei das um 40 Mio. Euro gebaute überdimensionierte Logistikcenter in Linz. Problematisch seien Außenstände bei Kunden von mindestens 150 Mio. Euro und teure IT-Systeme. Zum Vergleich: Um Neckermann an den Investor Sun zu verkaufen, mussten die Eigentümer 2008 dem Vernehmen nach rund 50 Mio. Euro zuschießen, um Sun zu halten.

Otto sei vor allem an den profitablen Spezialversendern interessiert. Madeleine, Baby-Waltz, Hess Natur und Peter Hahn sind auch in Österreich aktiv. Den Konzern reizt auch das wachsende Geschäft der Quelle in Russland und der Ukraine. Wert für ihn haben zudem die Adressen und Marken. Neben dem Label Quelle selbst geht es um die Eigenmarke Privileg. Quelle ist bei Elektroprodukten damit deutscher Marktführer und hat bei der Weißware in Österreich - in erster Linie am Land - zweistellige Marktanteile. Die Infrastruktur der Quelle in Österreich brauche Otto nicht, der Konzern sei hier stark genug. Eine Übernahme könnte nur der Marktbereinigung dienen, so der Tenor.

Dreht Deutschland auch Quelle Österreich den Hahn ab, zieht das Partner mit: Post und ÖBB sind wie berichtet massiv betroffen. Erstere liefert als Dienstleister von Hermes seit heuer wieder bis zu sechs Mio. Pakete für Quelle. Der Verlust des Großkunden könnte ein Ergebnisloch von 18 Mio. Euro in die Bilanz reißen und hunderte Jobs kosten.

"Weniger Arbeit bedeutet weniger Leute", sagt Betriebsrat Martin Palensky. Dass bis zu 500 Mitarbeiter gehen müssten, könne man so aber nicht sehen. Die Post habe am Paketmarkt längst neue Umsätze lukriert. Ein Aus der Quelle wäre dramatisch, "wir bauen jedoch darauf, dass sie sich hier hält".

Josef Ackerl, Chef der SPÖ Oberösterreich, forderte die Regierung auf, Quelle über Haftungserklärungen zu stützen. Die Berliner Regierung erwartet eine Erstattung des 50-Mio.-Euro-Massekredits für die Mutter. Auf die deutschen Behörden kommt mit November ein Ansturm von 4000 Arbeitslosen zu.(Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.10.2009)