"Wir konzentrieren uns auf die eigenen Stärken". Dieser in Österreich geläufigen Methode gegnerische Mannschaften zu analysieren zum Trotz, hat sich Werder Bremen mehr Aufmerksamkeit verdient. Austrias nächster Gegner in der Europa League-Gruppenphase hat rechtzeitig zum deutsch-österreichischen Duell einen Abschied verkraftet und zu führungsloser Stärke gefunden. Unter Anführungszeichen kopflos haben die Norddeutschen bewiesen, dass der Abgang des brasilianischen Spielmachers Diego nach Turin nicht nur finanziell ein Gewinn war. Das spielerische Hirn der Mannschaft hat sich auf mehrere Köpfe verlagert. Die Bereitschaft dem genialen Offensivspiel Diegos alles zu opfern hat ein Ende gefunden. Werders Defensive ist zurück im Spiel. "Wir verteidigen das Tor bis aufs Blut", sagt Werders Kapitän und das klingt, wie Torsten Frings spielt. Bremen-Legionär Sebastian Prödl meint zum Spiel seiner Team-Kollegen, denen er aufgrund einer Verletzung derzeit nur von der Tribüne aus beisteht: "Wir sind unberechenbarer geworden." Einzig Trainer Thomas Schaaf blieb auch in der neuen Saison seinem wortkargen Stil treu und meint: "Wir machen eine Sache besser, ohne eine andere verschlechtert zu haben."
Große Fußstapfen, neue Wege
Bremen ist keine Diva mehr. Die Zeiten als sich Gegner auf die Launenhaftigkeit des norddeutschen Angriffsfußballs verlassen konnten sind vorbei. Vorlagengeber Mesut Özil und Dribbler Marko Marin sind allein aufgrund ihres personellen Mehrwerts schwerer in den Griff zu bekommen, als Solist Diego es war. Ganz vorne fackelt der Peruaner Claudio Pizarro nicht lange. Die Abwehr um die starken Innenverteidiger Per Mertesacker und Naldo hat das häufige Schnitzen aus der abgelaufenen Saison sein lassen und zu Konstanz gefunden. Seit 13 Pflichtspielen sind die Norddeutschen ungeschlagen. Schlussmann Tim Wiese hat sich über den Sommer nicht nur optisch gesteigert, neben dem sichtlichen Gewichtsverlust, ist er seit 619 Minuten ungeschlagen und steuert auf den Vereinsrekord zu. "Wenn die Tagesform passt, dann darf es für uns keine Ausreden geben", sagt Sebastian Prödl und glaubt an einen Sieg seiner Bremer in Wien. Mit dem dritten Sieg in der Gruppe L würde der DFB-Pokalsieger bereits einen großen Schritt Richtung Aufstieg machen. Werder-Clubchef Klaus Allofs warnt sein Team vor dem Spiel in Wien: "Das wird ein Hexenkessel" und weiß, "Österreichische Teams sind immer eine Klasse besser, wenn sie gegen Deutsche spielen".
"Nicht nur die Bremer sind gut in Form"
Der "Ösi-Özil", das ist laut dem deutschen Revolverblatt "Bild" kein geringerer als Zlatko Junuzovic. Und vor dem genesenen Austrianer warnt der deutsche Boulevard ganz besonders. Austria-Trainer Karl Daxbacher führt vor allem die eigene Team-Verfassung ins Feld. "Nicht nur die Bremer sind gut in Form. Auch wir haben gegen Salzburg gezeigt, dass wir körperlich und spielerisch Top-Leistungen bringen können. Im eigenen Stadion glauben wir an einen Sieg", sagt Daxbacher, dessen Team seit 19 Heimspielen auf seinen Bezwinger wartet. Der abgelutschte Vergleich mit dem großen Nachbarn entgeht dem Austria-Trainer nicht: "Österreich gegen Deutschland ist immer ein Duell David gegen Goliath."
Die Veilchen müssen ohne Stammtormann Szabolcs Safar (Schulterverletzung) ihr Auslangen finden. Robert Almer soll ihn vergessen machen. Fehlen werden der Austria die langzeitverletzten Stürmer Rubin Okotie und Tomas Jun sowie der gesperrte Markus Suttner. Innenverteidiger Aleksandar Dragovic ist fraglich (Adduktorenzerrung), laut Daxbacher "schaut es aber schon etwas besser aus". Nach zwei verschossen Elfmetern durch Milenko Acimovic und Mamadou Diabang, die Daxbacher wohl am liebsten selbst verwandelt hätte, legte er sich auf eine fixe Vertretung fest: "Ich habe Acimovic als Schützen bestimmt." (sh, 22. 10. 2009, derStandard.at)
FK Austria Wien - SV Werder Bremen (Wien, Franz Horr Stadion, Donnerstag, 19.00 Uhr/live Sat.1 Österreich, als Einzelspiel auf Sky Austria und in Konferenzschaltung auf Sky Sport 1, SR Paolo Tagliavento/ITA)
Mögliche Aufstellungen:
Austria: Almer - Standfest, Bak, Dragovic/Madl, Ortlechner - Klein, Baumgartlinger, E. Sulimani - Junuzovic, Acimovic - Diabang
Ersatz: Lindner - Hattenberger, Vorisek, Schumacher, Krammer, Liendl, Topic, Wallner
Fraglich: Dragovic (Adduktorenzerrung)
Es fehlen: Safar (Kapselüberdehnung im Schultergelenk), Suttner (gesperrt), Okotie (Knie-Operation), Jun (Kreuzbandriss), Leovac (Bauchmuskelzerrung)
Bremen: Wiese - Fritz, Mertesacker, Naldo, Boenisch - Frings - Bargfrede, Hunt - Özil - Pizarro, Marin
Ersatz: Vander - Rosenberg, Andersen, Marcelo Moreno, Borowski, Pasanen, Oehrl
Es fehlen: Prödl, Hugo Almeida (beide rekonvaleszent), Jensen (verletzt), Niemeyer (gesperrt)